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Bahnen ohne Strecken

Neue Züge für die Berliner Tram kommen Ende 2022 - der Netzausbau dauert

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die neuen Straßenbahnen für Berlin haben nun ein Gesicht. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben am Dienstag die ersten Visualisierungen für die Ende 2020 bestellten Züge vorgestellt, die ab Ende 2022 ausgeliefert werden sollen. Optisch groß umstellen müssen sich die Fahrgäste nicht, denn der neue Typ ist eine Weiterentwicklung der bestehenden Flexity-Bahnen, von denen bereits über 200 Stück im Berliner Netz unterwegs sind. Der Hersteller bleibt schließlich faktisch der gleiche, auch wenn statt Bombardier nun Alstom auf dem Typenschild stehen wird. Der französische Konzern hat die Übername der Bahntechniksparte des kanadischen Mischunternehmens Bombardier Ende Januar endgültig vollzogen. Die neuen Bahnen sollen wie die bisherigen im sächsischen Görlitz gefertigt werden.

»Unsere Neue ist unverkennbar ein Mitglied der Berliner Straßenbahnfamilie und hat doch ihr ganz eigenes Gesicht«, sagt BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt. Im Detail sind Änderungen zu erkennen. Die Frontscheibe ist tiefer heruntergezogen als bisher, was die Züge etwas schnittiger wirken lässt. Auch die Teilung der Seitenfenster wurde geändert, somit haben sitzende Fahrgäste seltener einen Fensterholm mitten im Blickfeld.

»Es ist zwar kaum zu sehen, aber auch die Fahrwerke haben ein neues Design erhalten. Damit sorgen sie dafür, dass die Einstiegshöhe für Fahrgäste niedriger sein wird und die Straßenbahnen zukünftig leiser als bisher durch die Stadt rollen«, erklärt Müslüm Yakisan, Präsident von Alstom für die deutschsprachigen Länder.

Neu ist auch, dass ein Teil der Züge 50 Meter lang sein soll - zehn Meter mehr als das bisher längste Modell. Sie sollen auf der am stärksten belasteten Linie im Netz, der M4, die 54 Meter langen Doppeltraktionen der Baureihe GT6 aus den 90er Jahren ersetzen. Mit 310 Menschen passen ganze sechs Fahrgäste mehr in die neuen Bahnen als in die derzeit eingesetzten Züge. Der Fahrgastverband IGEB hält das angesichts der häufig jetzt schon pickepackevollen Straßenbahnen der M4 für zu kurz gedacht (»nd« berichtete), zumal die Haltestellen auf 60 Meter ausgebaut sind. Damit wiederholt sich die Geschichte: Schon die GT6 erwiesen sich als zu klein für Berlin.

Bis zu 117 Zweirichtungszüge umfasst die Flotte, fest bestellt worden sind zunächst 17 neunteilige 50-Meter-Bahnen sowie drei fünfteilige 30-Meter-Versionen. Letztere sollen Nachfolger der GT6 für das Köpenicker Netz werden.

Jetzt fehlen nur noch die neuen Strecken, um die gesamte Bestellung abzurufen. Selbst die im Bau befindliche Strecke vom Bahnhof Schöneweide zur Wissenschaftsstadt Adlershof soll nun erst Ende Oktober fertig werden. Damit kann in dieser Legislaturperiode keine einzige Straßenbahnverlängerung in Betrieb gehen. Für die Strecke vom Hauptbahnhof zur Turmstraße liegt inzwischen der Planfeststellungsbeschluss vor, die Bauarbeiten sollen im vierten Quartal starten. Eine Inbetriebnahme ist für Anfang 2023 vorgesehen. Hier sorgte ein fehlerhaftes Lärmgutachten für Verzögerungen, wie auch bei der Verlegung der Linie 21 aus einem Teil der Boxhagener Straße zum Ostkreuz. Diese Woche sind für diese Strecke die Planfeststellungsunterlagen erneut ausgelegt worden. Ende 2023 könnten hier Bahnen fahren.

Immerhin kurz vor Ende der Legislaturperiode vermeldet die Senatsverkehrsverwaltung, dass bei ihr fehlendes Personal in den Abteilungen, die für die Planung und Finanzierung von Neubaustrecken zuständig sind, Geschichte sein wird. »Im Mai werden alle 16 Stellen besetzt sein«, sagt Sprecherin Constanze Siedenburg zu »nd«.

Die Probleme bei der Planung der Neubaustrecken werden allerdings anhalten. Innerhalb der BVG läuft es nach Berichten von Insidern weiter chaotisch. An Projektleitern herrsche kein Mangel, aber an Planern. Die deswegen beauftragten externen Büros seien oft überfordert und liefern fehlerhafte Pläne, teils mit großer Verspätung ab.

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