Der Spaltpilz gedeiht

Uwe Sattler zum Austritt der ungarischen Fidesz aus der konservativen Parteienfamilie Europas

Seit Donnerstag ist die Fidesz nicht mehr Mitglied der konservativen Parteienfamilie in Europa. Die in Ungarn praktisch allein regierende rechtslastige Partei von Premier Viktor Orbán zog damit einen Schlussstrich nach mehrjährigem Zwist innerhalb des Bündnisses. Bereits vor zwei Jahren war die Fidesz-Mitgliedschaft in der sogenannten Europäischen Volkspartei (EVP) suspendiert worden.

Die Erzählung, dass Fidesz auf Druck der EVP den Austritt erklärt hat, klingt gut, stimmt aber leider nicht. Dass Fidesz nun Lebewohl sagt, hat einen einfachen Grund: Orbán braucht die EVP-Familie schlicht nicht mehr. Gemeinsam mit den anderen osteuropäischen EU-Ländern, der Visegrád-Gruppe, hat Orbán ein Machtzentrum etabliert, dem europäische Werte herzlich egal sind und das die Konservativen Europas vor sich hergetrieben und Pflöcke gesetzt hat - ob nun bei Migrationspolitik, Medienfreiheit, Abtreibungsrecht oder Unabhängigkeit der Justiz.

EU-Kommission, Europaparlament und Rat haben immer wieder die Hände gehoben angesichts der Rechts- und Werteverletzungen durch die Regierungen in Budapest, Warschau, Prag oder Bratislava - statt ihnen in den Arm zu fallen. Auch der kürzlich beschlossene Rechtsstaatsmechanismus, der Verletzungen der europäischen Grundwerte sanktionieren soll, bleibt eher symbolisch. Wirksame Schritte gibt das EU-System einfach nicht her, das würde zu sehr in die Souveränität der Staaten eingreifen, die diesen immer noch wichtiger ist als das gemeinsame europäische Interesse. Und damit wird Budapest weiter der Spaltpilz in der EU bleiben, ob die Fidesz nun EVP-Mitglied ist oder nicht.

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