Jobcenter machen keine gute Figur

Bei den Arbeitsagenturen können längst nicht alle ins Homeoffice

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist eigentlich Homeoffice angesagt. Die Arbeitgeber sollen ihren Angestellten dies ermöglichen, solange »keine zwingenden betriebsbedingten Gründe« dagegensprechen, heißt es in der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Januar erlassenen Corona-Arbeitsschutzverordnung. Doch wie hält es die Bundesregierung mit dem Thema Heimarbeit, wenn sie selber Arbeitgeber ist?

Die Antwort auf eine kleine Anfrage der Linke-Bundestagsfraktion, die »nd« vorliegt, legt den Schluss nahe, dass ausgerechnet bei den Arbeitsagenturen und den mit ihr verbundenen Jobcentern, die dem Bundesarbeitsministerium untergeordnet sind, in Sachen Homeoffice noch viel Luft nach oben ist. So weiß die Bundesregierung derzeit überhaupt nicht, wie viele Beschäftigte der Arbeitsagenturen und Jobcenter derzeit im Homeoffice arbeiten.

Theoretisch könnten von den insgesamt 112 000 Mitarbeiter*innen der Arbeitsagenturen und Jobcenter mindestens 90 Prozent ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen. Doch wie in der freien Wirtschaft auch braucht es dafür die technischen Voraussetzungen. Neben Laptops für zu Hause sind dies vor allem Zugänge und Lizenzen für die Netzwerke und Programme der Behörden. Seit Ausbruch der Coronakrise haben die Arbeitsagenturen und Jobcenter da auch massiv nachgerüstet. Konnten im Januar 2020 noch 5000 Angestellte von zu Hause aus gleichzeitig auf die Systeme der Behörden zugreifen, so waren im Januar fast 60 000 Zugriffe zeitgleich möglich. Dies bedeutet aber auch, dass bei weitem nicht alle Beschäftigte der Behörden gleichzeitig im Homeoffice arbeiten können. Dafür bräuchte es die technischen Voraussetzungen für weitere 50 000 zeitgleiche Zugriffe.

»Ich fordere Minister Heil und den Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, auf, dafür zu sorgen, dass während der Pandemie für alle Beschäftigte, die im Homeoffice arbeiten können und wollen, die technischen Voraussetzungen geschaffen werden«, kommentiert Jessica Tatti, Sprecherin der Linke-Fraktion im Bundestag für Arbeit 4.0, die Zahlen. Die Unwissenheit der Bundesregierung sei keine Entschuldigung, an den eigenen Ansprüchen zu scheitern und dadurch die Beschäftigten unnötigen Ansteckungsrisiken auszusetzen. »Eine Regierung, die Regeln für die Wirtschaft aufstellt, deren Umsetzung sie nicht mal in den Behörden garantieren kann, macht keine gute Figur«, so Tatti.

Warum derzeit noch rund 50 000 Zugänge für die Systeme der Behörden fehlen, lässt die Bundesregierung offen. Sie antwortete nicht auf die Frage der Linksfraktion, ob die Limitierung der Zugänge neben technischen auch Kostengründe haben könnten. Eines ist jedoch eindeutig: Die Angestellten der Arbeitsagenturen und Jobcenter wollen von Zuhause aus arbeiten. Die Auslastung der Homeoffice-Möglichkeiten der Behörden liegt täglich zwischen 80 und 100 Prozent.

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