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Vom Kurs abgekommen

Die Ruderer des Deutschland-Achters erleben bei der EM einen Einbruch, Oliver Zeidler triumphiert im Einer

  • Jonas Wagner, Varese
  • Lesedauer: 3 Min.

Die durchaus erfolgsverwöhnten Ruderer des Deutschland-Achters sackten am Sonntagnachmittag, im letzten Rennen der Europameisterschaften auf dem Lago di Varese, völlig enttäuscht in ihrem Boot zusammen. Währenddessen feierte ein anderer: Eingehüllt in eine deutsche Fahne genoss Oliver Zeidler seinen Erfolg im Einer, in dem er kurz zuvor seine zweite Goldmedaille bei einer EM gewonnen hatte. Die beiden Paradeboote des Deutschen Ruderverbandes (DRV) starteten mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen in die Olympiasaison.

Der Achter verpasste bei den kontinentalen Titelkämpfen im norditalienischen Varese nicht nur den neunten Titel in Folge, die Crew um Schlagmann Hannes Ocik kassierte auch einen bitteren Rückschlag auf dem Weg zum erhofften Gold bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Nach einem beherzten Start ins Rennen brachen die Erfolgsgaranten im Schlussspurt ein und mussten Olympiasieger Großbritannien, Rumänien und den Niederländern die Medaillen überlassen.

Erste Pleite seit fünf Jahren

»Das ist ernüchternd«, sagte der 29-jährige Rostocker Ocik nach dem herben Dämpfer für das deutsche Flaggschiff. Das Team könne sich aber nichts vorwerfen, »wir haben alle Mittel eingesetzt, die uns derzeit zur Verfügung stehen. Auf den letzten 500 Metern fehlte uns der letzte Punch und wir sind vom Kurs abgekommen. Das müssen wir sacken lassen und in Ruhe analysieren.« Schon im Bahnverteilungsrennen am Freitag hatte der deutsche Achter - zuletzt immerhin dreimal nacheinander Weltmeister - nur den vierten Platz erreicht. Für Ocik und Co. war es die erste Pleite in Finalrennen bei Titelkämpfen seit den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro. Damit verpasste der Achter zudem erstmals seit den Olympischen Sommerspielspielen von Peking 2008 einen Podestplatz bei internationalen Titelkämpfen.

Als die Männer im Achter sich noch die frische Wunde leckten, hatte Zeidler längst seine Goldmedaille um den Hals hängen. Der 24-jährige Dachauer ließ der Konkurrenz keine Chance und setzte sich mit einer halben Bootslänge Vorsprung gegen Vorjahressieger Sverri Nielsen aus Dänemark und den Polen Natan Wegrzycki-Szymczyk durch. »Das Finale lief gut für mich. Aber ich bin noch nicht ganz zufrieden mit meiner Leistung und muss weiter arbeiten«, sagte er mit Blick auf die Sommerspiele: »Das Finale in Tokio könnte genauso laufen, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns.« Etwas mehr als drei Monate bleiben dem 2,03 Meter großen Modellathleten vom Donau-Ruder-Club Ingolstadt, um sich in Olympiaform zu bringen. Denn im kommenden Sommer will Zeidler, der erst 2016 vom Schwimmen zum Rudern gewechselt war und bereits drei Jahre später Welt- und Europameister wurde, seinen steilen Aufstieg krönen. Nachdem der Senkrechtstarter bei den Europameisterschaften in Poznan im Vorjahr nur Platz vier erreicht hatte, meldete er sich nun eindrucksvoll zurück.

Schlechtere Bilanz

Für ein erstes Erfolgserlebnis am Finaltag hatten Jason Osborne und Jonathan Rommelmann gesorgt. Das Duo aus Mainz und Krefeld, das 2019 den Europameistertitel geholt hatte, landete im Leichtgewichts-Doppelzweier hinter Weltmeister Irland auf Platz zwei und sicherte dem DRV in den olympischen Klassen mit Silber die erste Medaille des Tages. Der Doppelvierer der Frauen um Schlagfrau Franziska Kampmann holte zudem Bronze. Insgesamt waren die Athleten des DRV in Varese in zwölf der 14 olympischen Klassen am Start, sechs Boote schafften es ins Finale. Durch die Pleite des Achters fiel auch die Bilanz schlechter als im vergangenen Jahr aus. In Poznan hatten die deutschen Ruderer einmal Gold und dreimal Silber gewonnen.SID/nd

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