Traditionswerft meldet Insolvenz an

330 Beschäftigte bei Nobiskrug bangen um ihre Jobs

  • Dieter Hanisch, Rendsburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Aus heiterem Himmel hat die Nobiskrug-Werft in Rendsburg beim Amtsgericht Neumünster die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, wie am Montagabend bekannt wurde. Nun bangen rund 330 Beschäftigte bei dem Unternehmen um ihren Job. Aus der Geschäftsleitung wird betont, dass die Ursache für die aufgetretenen Liquiditätslücken nicht planbare Stornierungen sowie die weiterhin anhaltende Pandemie gewesen seien.

In Rendsburg hat man sich auf den Bau von Megajachten spezialisiert. Als naheliegender Rettungsanker, etwa in Form einer Bürgschaft, wird nun zur Landesregierung Schleswig-Holsteins geblickt, doch Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) will nichts versprechen. Er erklärte zunächst lediglich, dass es bei einem Insolvenzverfahren immer noch diverse Möglichkeiten gebe, »die für die Belegschaft und auch für das Unternehmen selbst Perspektiven schaffen können«.

Massive Kritik an der Unternehmensleitung kam von der Gewerkschaft IG Metall, die bemängelte, dass vor der plötzlichen Insolvenzanmeldung nicht das Gespräch mit dem Betriebsrat und ihr gesucht wurde. Laut dem Rendsburger IG-Metall-Geschäftsführer Martin Bitter gebe es weiterhin Aufträge. Jedoch bestehe ein aktuelles Liquiditätsproblem, weil der Gesellschafter, die Schiffbaugruppe des französisch-libanesischen Investors Priv-invest mit Sitz in Beirut, den Geldhahn zugedreht habe. Nach Angaben von Nobiskrug hatte Privinvest in den vergangenen Jahren ungefähr 180 Millionen Euro in den Rendsburger Standort investiert, aber keine Rendite einstreichen können.

Die Zitterpartie auf der Arbeitnehmerseite ist in Rendsburg nicht neu. Im vergangenen Jahr trennte sich Nobiskrug betriebsbedingt von 120 Mitarbeitern. Schon Ende 2019 mussten die Beschäftigten auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Auch Fremdfirmen wurden nicht immer pünktlich bezahlt.

Hinter der Werft am Nord-Ostsee-Kanal, die seit 1905 existiert, liegt eine bewegte Geschichte. Bis heute wurden dort mehr als 750 Schiffe gebaut. In den ersten Jahren wurden in der Werft lediglich Schiffe repariert, dann kamen Bauaufträge der Marine des Kaiserreichs. Später konzentrierte man sich auf den Bau von Frachtdampfer und Segelschoner, im Zweiten Weltkrieg erfolgten unter anderem Stapelläufe von U-Jagdbooten. Nach dem Krieg gehörten der Bau von Fracht- und Passagierschiffen sowie von Fähren zum Portfolio. Aktuell werden noble Großjachten gefertigt.

Für den Medienglamour rund um die Werft, denn dort werden Luxusjachten für russische Milliardäre oder aktuell für den Emir von Katar gebaut, kann sich die Belegschaft allerdings nichts kaufen. Die IG Metall schlug bereits im Herbst Alarm und warnte davor, dass perspektivisch auf den Werften in Deutschland bis zu 6000 Arbeitsplätze in Gefahr seien, davon ein Drittel in Schleswig-Holstein.

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