Sozial und »asozial«

Meine Sicht: Martin Kröger erwartet weitere, heftige stadtpolitische Diskussionen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Man muss es eingestehen: Der politische Scherbenhaufen, den das Scheitern des Mietendeckels in Karlsruhe hinterlässt, ist riesig. Diejenigen, die es jetzt auszubaden haben, sind die Mieterinnen und Mieter, die sich fragen, welche Nachzahlungen auf sie zukommen. Dass der Senat den Betroffenen kurzfristig finanziell unter die Armen greifen will, damit sie nicht ihre Wohnung verlieren, ist das Mindeste. Rot-Rot-Grün steht in der Pflicht, die Folgen sozial abzufedern. Schließlich dürfen die Mieterinnen und Mieter nicht die Leidtragenden einer politischen Entscheidung werden, die der Senat 2019 getroffen hatte: Nämlich den Mietendeckel gegen juristische Vorbehalte, auch aus den eigenen Reihen, auf Landesebene auf den Weg zu bringen. Zur Erinnerung: Das Absenken oder die rückwirkende Geltung des Mietendeckels waren umstritten.

Vor diesem Hintergrund ist es indes nicht nachvollziehbar, dass das Scheitern in Karlsruhe von der federführenden Stadtentwicklungsverwaltung offenbar nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Zwar wurde empfohlen, dass Rücklagen für Nachzahlungen zu bilden seien. Aber einen Plan B für den nun eingetretenen Fall gab es nicht. Stattdessen wird hektisch reagiert. Politisches Vertrauen schafft das nicht.

Noch schlimmer handeln aber Eigentümerverbände wie Haus und Grund Berlin, die nun zu Kündigungen ohne Mahnungen anstacheln. Das nennt Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) zu recht »asozial«. Überhaupt ist die soziale Kälte, die sich in der aktuellen Debatte oftmals zeigt, erschreckend – aber auch sehr aufschlussreich. Für das Enteignungs-Begehren gibt es immer mehr politischen Rückenwind.

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