- Kommentare
- Deutsch-Marokkanische Verstimmungen
Afrikanische Ambitionen
Cyrus Salimi-Asl zum Rückruf der marokkanischen Botschafterin
Die marokkanische Regierung ist verärgert über die deutsche Außenpolitik: »Die Bundesrepublik Deutschland hat wiederholt feindselig gegen die höheren Interessen des Königreichs Marokko gehandelt«, erklärte das Außenministerium am Donnerstag und ruft seine Botschafterin in Deutschland zu Konsultationen nach Rabat zurück - ohne Vorwarnung.
Was ist passiert? Die deutsche Bundesregierung will die Souveränität Marokkos über die völkerrechtswidrig annektierte Westsahara partout nicht akzeptieren - und handelt damit ganz im Einklang mit dem Völkerrecht. Bereits im März hatte die marokkanische Regierung einen in diplomatischen Beziehungen ungewöhnlichen Warnschuss abgegeben und verfügt, jede Kommunikation mit der deutschen Botschaft in Rabat einzustellen - auch damals ohne Vorwarnung.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Erklärt der Streit um die Westsahara wirklich alles? Offenbar fühlt sich Marokko nicht ernst genommen in der sich selbst zugeschriebenen Rolle als Regionalmacht. Im Januar 2020 hatte Rabat wütend reagiert auf seinen Ausschluss von der Berliner Libyen-Konferenz. In der Erklärung vom Donnerstag beschwerte sich das Außenministerium, Deutschland versuche hartnäckig, Marokko an der Ausübung seiner »regionalen Rolle« zu hindern, »vor allem in der Libyen-Frage«.
Tatsächlich verhandelten die libyschen Konfliktparteien auch in Marokko, die Ambitionen gehen aber über Libyen hinaus: Der seit 1999 regierende König Mohammed VI. will für Marokko eine Schlüsselrolle in Afrika. »Mohammed VI. hat die Afrikapolitik zur Chefsache gemacht«, schreibt Maghreb-Expertin Isabelle Werenfels, und investiere kräftig vor allem in Westafrika, um neue Absatzmärkte zu öffnen. Auf politischer Ebene konkurriert Marokko vor allem mit Algerien, Schutzmacht der Polisario, die für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpft. Während Algeriens Einfluss sinkt, auch in der Afrikanischen Union (AU), steckt Marokko seine Interessen ab.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.