Maaßens Code

Robert D. Meyer über den modernen Antisemitismus

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Niemand kann bei nüchterner Analyse bezweifeln, dass sich Hans-Georg Maaßens politische Heimat im fließenden Übergang zwischen radikalem Konservatismus und der Ideologie der Neuen Rechten befindet. Für die CDU, die sich als »Volkspartei der Mitte« bezeichnet, wäre das alleine Grund genug, sich vom ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu trennen, sofern ihre gesellschaftliche Selbstverortung mehr als einen politischen PR-Trick wert ist.

Stattdessen aber hatte sich kürzlich sogar Parteichef Armin Laschet schützend vor Maaßen gestellt, nachdem die Klimaaktivistin Luisa Neubauer diesem in einer Talkshow vorwarf, antisemitische Inhalte zu verbreiten. Konservative Stimmen empörten sich und stellten es verkürzt oftmals so da, als habe Neubauer Maaßen einen Antisemiten genannt.

Man kann die Unterscheidung als sprachliche Spitzfindigkeit abtun oder zur Kenntnis nehmen, dass Expert*innen die Einschätzung der Klimaaktivistin bestätigen, etwa Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank, der Antisemitismusforscher Uffa Jensen und nun auch der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer. Er sagt: Maaßen »nutzt antisemitische Stereotype, um auf Stimmenfang zu gehen«.

So schreibt der CDU-Politiker im neurechten Magazin »Cato« von »vormals sozialistischen Linken« und »Wirtschaftsglobalisten«, die gemeinsam daran arbeiteten, die Menschen zu entwurzeln und ihre Nationalkulturen zu zerstören, damit eine »anonyme, atomisierte Masse« entstehe, »die leicht zu kontrollieren und zu manipulieren« sei. Für wen klingt das nicht nach der alten antisemitischen Erzählung von einer angeblichen Elite, die sich gegen die Menschheit verschwört?

In vielen antisemitischen Erzählungen geht es schon lange nicht mehr ausschließlich um »die Juden«. Die bezichtigten Gruppen sind austauschbar, doch die Mechanismen dahinter sind seit Jahrhunderten die Gleichen.

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