• Politik
  • Demonstration in Düsseldorf

Versammlungsfreiheit eingekesselt

Proteste gegen Versammlungsgesetz in Düsseldorf wird von Polizeieinsatz überschattet

Samstagmittag auf den Düsseldorfer Rheinwiesen. Die Stimmung ist gut, ein paar tausend Menschen sind gekommen, um gegen das neue nordrhein-westfälische Versammlungsgesetz zu demonstrieren. Fußballfans, Antifas, Klimaaktivist*innen, sie alle sehen ihre Versammlungsfreiheit durch das neue Gesetz bedroht. Es ist ein Bündnis, dass es so selten gibt. Es ist eine der größten Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen seit dem Beginn der Corona-Krise.

In Redebeiträgen wird das Gesetz kritisiert, man ist empört. Die weißen Maleranzüge, mit denen »Ende Gelände« in die Kohlegruben geht, sollen demnächst als verbotene Uniformierung gelten. In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird der »schwarze Block« der Autonomen mit der SA verglichen, er habe eine einschüchternde Wirkung. Naziaufmärsche blockieren soll in Nordrhein-Westfalen demnächst verboten sein. Schon das Training für Blockaden will das CDU-geführte Innenministerium unterbinden. Das sind nur ein paar Details des Gesetzes, die von den Demonstrant*innen kritisiert werden. Sie haben dem Gesetz schon einen Spitznamen gegeben, sie nennen es »Versammlungsverhinderungsgesetz«.

Die Inhalte der Demonstration wurden dann allerdings durch den Einsatz der Polizei überschattet, die offensichtlich schon vor dem neuen Gesetz beweisen wollte, wie gut sie Versammlungen verhindern kann. Dabei ging alles ganz gemächlich los. Die Demo überquerte den Rhein, Parolen wurden gerufen. Eine langweilige Großdemo schien sich anzubahnen. Aufgepeppt wurde die Demonstration dann durch ein paar Rauchtöpfe und ein wenig Pyrotechnik. Keine große Sache eigentlich. Aber der Polizei gefiel das an diesem Tag gar nicht. Mehrmals gingen die eingesetzten Polizist*innen mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Rempeleien in die Menge. Dabei wurden auch mehrere Journalist*innen, unter anderem von der DPA, attackiert. DPA-Chefredakteur Sven Gösmann nannte die Attacke einen »nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit«. In einem Schreiben an NRW-Innenminister Herbert Reul fordert er eine »lückenlose Aufklärung« der Vorfälle. Politiker*innen von SPD, Grünen und Linken verurteilten die Angriffe auf Journalist*innen ebenfalls.

An eine normale Demonstration war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu denken. Es ging nun nur noch im Stop and Go weiter, immer wieder gab es kleine Konfrontationen zwischen Polizei und Demonstrant*innen. Irgendwann reichte es der Polizei dann, sie trennte einen mehrere hundert Menschen umfassenden Block vom Rest der Demonstration ab und kesselte ihn ein. Zur Begründung hieß es, die Menschen hätten sich vermummt. Sie hätten Transparente zu hoch gehalten, auch das einzelne Demonstrant*innen zusätzlich zu den Mund-Nase-Bedeckungen Sonnenbrillen trugen, gefiel der der Polizei nicht. Der Rest der Demonstration solidarisierte sich mit den eingekesselten Demonstrant*innen und blieb stehen. So erreichte die Demonstration ihren Zielpunkt, den Landtag, nicht.

Es dauerte dann sechs Stunden, bis um Mitternacht, bis die Polizei die Personalien aller eingekesselten Demoteilnehmer*innen aufgenommen hatte.

Lola Münch, Sprecherin des Bündnisses »Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten« kritisierte den Polizeieinsatz gegen die Demonstration scharf. Die Polizei habe, »deutlich ihre Macht demonstriert« und man müsse »Sorge vor dem zukünftigen Missbrauch dieser Macht haben«, so Münch. Den Machtzuwachs, der mit dem neuen Versammlungsgesetz entstehe, wolle man sich »nicht ausmalen«. Laut Angaben von Münch wurden 100 Teilnehmer*innen der Demonstration durch die Polizei verletzt. Außerdem sollen ehemalige Demoteilnehmer*innen auch in anderen Stadtteilen »gewaltvoll« festgenommen worden sein. Nun wird die Demonstration ein Nachspiel im Landtag haben. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty kündigte an, eine Aktuelle Stunde zu beantragen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.