Auf Protest folgt Repression

Demonstration gegen Ausbau: Aktivisten blockierten Zufahrt zu Frachtairport Leipzig/Halle

  • Lesedauer: 3 Min.

Leipzig. Zahlreiche Gegner der Ausbaupläne des Flughafens Leipzig/Halle haben in der Nacht zu Samstag auf dem Airportgelände demonstriert. Rund 50 Aktivisten der Initiative »CancelLEJ« hatten die Zufahrt zum Logistikzentrum von DHL blockiert, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Mehrere Lastwagen stauten sich vor der Einfahrt und mussten durch ein zweites Tor umgeleitet werden. Die Protestierenden fordern nach eigenen Angaben einen Ausbaustopp des Frachtflughafens, ein Nachtflugverbot und eine Verkehrswende.

DHL habe Anzeige erstattet, weil durch die Blockade einige Maschinen erst mit Verspätung abfliegen konnten und dadurch ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sei, erläuterte der Polizeisprecher am Samstag. 52 Aktivisten seien auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Leipzig zur Wache gebracht worden, um deren Identitäten festzustellen. Viele mussten bis zum Sonntag in Polizeigewahrsam bleiben. Zwischenzeitlich stand auch die Drohung einer möglichen Untersuchungshaft im Raum.

Die Ausbaupläne des Flughafens müssten dringend auf Eis gelegt werden, betonte am Samstag der Sprecher für Klimaschutz- und Mobilität der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Marco Böhme. »Es muss endlich über eine nachhaltige Entwicklung des Flughafens im Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen gesprochen werden. Dazu zählt auch eine sozial-ökologische Mobilitätswende und eine deutlich diversifizierte und zukunftsfähige Gestaltung der Wirtschaftsstruktur am Standort Leipzig/Halle.« Kein anderer Flughafen mit nächtlichem Frachtflugverkehr sei so nah an bewohntem Gebiet im Dauerbetrieb und gefährde die Gesundheit von Hunderttausenden Anwohnern.

Kritik am Vorgehen der Polizei gegen den angemeldeten Protest kam vom Leipziger Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz«, da alle an der Protestaktion beteiligten Menschen vorübergehend in Gewahrsam kamen. »Was zum Ende der Versammlung folgte, war eine nicht nachvollziehbare Welle der Repressionen«, heißt es in einer Erklärung vom Samstag. »Der Konzern fabuliert von Schaden in Millionenhöhe und droht mit
Schadensersatzforderungen. Die festgenommenen Menschen wurden auch nach
16 Stunden noch nicht frei gelassen und mit allen möglichen Schikanen
überzogen. Wir fordern die Verantwortlichen bei Polizei und Staatsanwaltschaft auf,
sich bei den Klimaaktivist:innen zu entschuldigen.«

Wald statt Asphalt
Die gegenwärtige Verkehrspolitik ist weit davon entfernt, eine Mobilitätswende zu wagen

Auch Böhme übt scharfe Kritik. »Weder DHL noch die Polizei haben die Aktivisten jemals dazu aufgefordert, den Bereich zu verlassen. Es wurden zudem keine Auflagen für die Demonstration erlassen und die Versammlung wurde von den Teilnehmenden um 00:40 Uhr beendet«, so der Linken-Politiker. Die Staatsanwaltschaft handele offenbar in vorauseilendem Gehorsam zugunsten eines Milliardenkonzerns.

Kritische Worte fand auch auch die »Fridays for Future«-Aktivistin Luisa Neubauer. »Die Klimakrise eskaliert. Statt den Klimaschutz hochzufahren, wird Klimaaktivismus zunehmend kriminalisiert«, erklärte Neubauer via Twitter. Der Umgang mit den Aktivsten sei unverhältnismäßig im Kontext der juristischen Vorwürfe.

Predigt von der Klimakanzel
Kulturinstitutionen begreifen sich selbst als ökologische Avantgarde - und vergessen die gesellschaftliche Realität

Der Flughafen Leipzig/Halle soll erheblich ausgebaut werden. Unter anderem plant DHL die Erweiterung des Logistikhubs von 60 auf 100 Stellplätze. Das würde zu einer deutlichen Zunahme von Starts und Landungen führen. Der Airport ist inzwischen der zweitgrößte Frachtflughafen in Deutschland, hinter Frankfurt/Main. Im vorigen Corona-Jahr hatte der Airport mit 1,38 Millionen Tonnen Fracht ein Rekordergebnis erzielt und rechnet mit einem weiteren Wachstum. In Frankfurt waren es 2020 gut 1,9 Millionen Tonnen. rdm mit Agenturen

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