Lauterbach will möglichst wenig Brandherde

Weltärztepräsident kritisiert »unverantwortliche Lockerungsübungen« bei Corona-Maßnahmen

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Berlin. Spitzenpolitiker aus Bund und Ländern lehnen ein baldiges Ende aller Corona-Maßnahmen ab. Sie stellen sich damit gegen Forderungen etwa von Außenminister Heiko Maas (SPD), der für ein schnelles Ende der Beschränkungen plädiert hatte. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, entscheidend für das Ende der Maßnahmen sei nicht, ob jeder Erwachsene ein Impfangebot erhalten habe, sondern der Stand der Herdenimmunität. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rechnet trotz aktuell niedriger Inzidenzen weiter mit Maskenpflicht und Abstandsgeboten. Dies werde »auch zum Schuljahresbeginn« Anfang September noch so sein. SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sprach sich ebenfalls gegen zu schnelle Lockerungen aus. »Wir dürfen nicht den Fehler machen, zu viel zu öffnen«, sagte er dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland«. »Wir sollten stattdessen mit möglichst wenig Brandherden in den Herbst hinein gehen. Insbesondere bei Treffen in Innenräumen wäre ich vorsichtig.«

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, rechnet damit, dass Masken nicht mehr aus dem Alltag verschwinden werden. »Wir werden in bestimmten Situationen immer Masken tragen müssen, Hände waschen müssen, Abstand halten und regelmäßig nachimpfen müssen, wie wir das von der Grippe ja auch kennen.« Mit Blick auf den deutlichen Anstieg der Ansteckungszahlen in Großbritannien und die geplante Aufhebung der Corona-Beschränkungen sagte er, er halte »derartige Lockerungsübungen« für unverantwortlich. Er frage sich, wie viele Menschen sich beim Finale der Fußball-EM am Sonntagabend im Wembley-Stadion anstecken würden.

Vor dem Finale hatte die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC über 2500 Infektionen in Zusammenhang mit der EM in sieben Ländern gezählt. Mit 1991 Fällen besonders betroffen sei Schottland. Allein 397 infizierte Fans sahen sich laut schottischer Gesundheitsbehörde das Spiel England gegen Schottland im Wembleystadion am 18. Juni an. Einen Anstieg auf 481 Infektionen gab es in Finnland. In Deutschland lassen sich 18 Infektionen mit der EM in Verbindung bringen. Zum Finale waren 65 000 Zuschauer zugelassen - so viele wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr bei einer Sportveranstaltung. Uefa-Präsident Aleksander Čeferin zweifelt die ECDC-Erkenntnisse an und weist einen Zusammenhang zwischen den EM-Spielen und Covid-19-Infektionen von sich.

Spanien gilt seit Sonntag als Corona-Risikogebiet. Zypern wird sogar als Hochinzidenzgebiet eingestuft. Dies hat auch Auswirkungen auf die Quarantäneregeln für Urlauber - allerdings hat die Einstufung als Risikogebiet wie im Fall von Spanien in der Regel praktisch nur wenige Konsequenzen.

In den Niederlanden sind Diskotheken und Nachtclubs seit Samstag wieder geschlossen, Restaurants dürfen nur noch bis Mitternacht öffnen. Zuletzt war die Zahl der Neuinfektionen binnen sieben Tagen um das Siebenfache gestiegen.Agenturen/nd Seite 16

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