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Vollbremsung für die Enkel
Steffen Schmidt über den Bericht des Weltklimarats
Grundsätzlich neu sind die Erkenntnisse über die absehbare Entwicklung des Klimas auf der Erde nicht, die der jetzt vorgestellte erste Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC zusammenfasst. Neu ist die größere Genauigkeit der Klimamodelle, die auch regionale Prognosen möglich machen. Vor allem aber ist neu, dass manch Szenario der früheren Berichte wohl bei Weitem zu optimistisch war. Denn wesentliche Veränderungen sind bereits unumkehrbar: das Abschmelzen des Eises in der Arktis, das Ansteigen des Meeresspiegels, die Versauerung der Ozeane. Hier sind Prozesse in Gang gesetzt, die selbst bei einem sofortigen Stopp der Produktion von Treibhausgasen nicht in wenigen Jahren wieder aufhören.
Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Temperaturerhöhung möglichst auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, ist inzwischen nur noch mit extremen Maßnahmen erreichbar. Eine Halbierung der globalen Nettoemissionen von Treibhausgasen innerhalb der nächsten zehn Jahre ist für die größten Produzenten wohl ohne eine Vollbremsung bei der Kohleverbrennung und eine schnelle Abkehr von den übrigen fossilen Brennstoffen nicht mehr zu machen.
In vielen Ländern - auch hier in Europa - müsste zudem der Gesundheitszustand der Wälder schnell verbessert werden, damit diese überhaupt noch mehr Treibhausgase aufnehmen als abgeben. Da reicht es eben nicht, Holz statt Beton zu verbauen oder Kohlekraftwerke durch Holzverbrennung zu ersetzen. Ein Systemwechsel ist nötig.
Grund genug, bei Wahlen den wachstums- und marktgläubigen Parteien die Stimme zu verweigern. Andernfalls dürften die heutigen Jungwähler Schwierigkeiten haben, irgendwann ihren Enkeln zu erklären, was sie damals geritten hat.
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