Mit einem halben Adenauer-Spruch in die Zukunft

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sein Zukunftsteam vorgestellt. In einem Kabinett dürfte wohl kaum jemand davon landen

Mit einer Abwandlung des Adenauer-Slogans »Keine Experimente« hat Armin Laschet sein »Zukunftsteam« für den Bundestag vorgestellt. Er will »Experten statt Experimente«. Bei seinem Team handelt es sich um acht Politiker*innen, die wegweisend sein sollen für die Politik der Christdemokraten in den kommenden vier Jahren. Aber in erster Linie scheint Laschet darauf geachtet zu haben, dass sich niemand in CDU und CSU übergangen fühlt.

Mit der langjährigen Bürgermeisterin von Annaberg-Buchholz, Barbara Klepsch, gibt es nur eine Ostdeutsche im Team. Sie soll sich für »gleichwertige Lebensverhältnisse« und den ländlichen Raum einsetzen. Klepsch ist eine von mehreren eher unbekannten CDU-Politiker*innen in Laschets Zukunftsteam. Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung, ist bisher nur der klimapolitischen Fachöffentlichkeit bekannt. Für sie gilt der Baden-Württemberger immerhin als progressiver Politiker in der Union. Jungs Nominierung täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass unklar bleibt, wo der Unterschied zwischen Laschets Zukunftsteam und früher vorgestellten Expert*innen bleibt. Die vor wenigen Tagen als Klimaexpertin vorgestellte Wiebke Winter findet sich nicht in dem neuen Team.

Andere Nominierungen, wie etwa die des Schwarzen Berliner Musikmanagers Joe Chialo, dürften vorrangig dazu dienen, der CDU ein großstädtisches und weltoffenes Image zu geben. Quasi als Gegenstück zu Chialo wurde Silvia Breher aus dem Oldenburger Münsterland nominiert. In dieser Gegend, wo Breher für die CDU zur Bundestagswahl antritt, ist die christlich-konservative Welt noch in Ordnung. Die CDU erzielt dort bessere Ergebnisse als die CSU in der tiefsten bayerischen Provinz. Die Aufstellung von Breher im Zukunftsteam ist vor allem ein Signal an die Stammwählerschaft der CDU. Laschet will ihnen zeigen, dass seine Partei keinen großen Kurswechsel anstrebt.

Wenig überraschend ist auch die Nominierung von Peter R. Neumann. Der Terrorismusexperte, der am Londoner Kings College lehrt, wurde von Laschet schon vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2017 als »Experte für innere Sicherheit« vorgestellt. Neumann saß in einer Regierungskommission unter der Federführung von Wolfgang Bosbach, die vor einem Jahr Empfehlungen für die »Sicherheitsarchitektur« in Nordrhein-Westfalen abgeben durfte. Dass Neumann etwa als Innenminister in ein Kabinett Laschet einzieht, gilt als ausgeschlossen. Er wird seine Professur in London behalten.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden hingegen Dorothee Bär und Friedrich Merz in einer von Laschet geführten Regierung einen Platz haben. In seinem Zukunftsteam spielen sie unterschiedliche Rollen. Bär, Digitalstaatsministerin im Kanzleramt, soll junge Wähler*innen ansprechen. Sie will zeigen, dass die Digitalisierung für CDU und CSU kein Neuland ist. Große Fortschritte gelangen ihr in den vergangenen Jahren in diesem Bereich allerdings nicht. Die Aufgabe von Friedrich Merz im Zukunftsteam ist klar. Er soll konservative, wirtschaftsfreundliche Wähler*innen ansprechen, die sich auch vorstellen können, die FDP zu wählen. Die Botschaft ist eindeutig: Nur wenn ihr Laschet wählt, bekommt ihr auch Merz. Allerdings bleibt der Sauerländer ein Unruheherd. Jüngst kritisierte er die Pläne von Laschets Klimapolitiker*innen. Unklar bleibt auch, welche Ambitionen Merz bei einer möglichen Wahlniederlage haben könnte. Gibt er die Politik auf oder versucht er, die Opposition im Bundestag zu führen?

Zurück in die Zukunft - Sebastian Weiermann versteht das Team Laschet nicht

Besonders auffällig ist, wer im Zukunftsteam von Laschet fehlt. Wenn er nicht mit Gesundheitsminister Spahn zusammengearbeitet hätte, wäre Laschet wohl nicht zum CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Möglicherweise spielt Spahn in seinen Planungen ohnehin eine zentrale Rolle und fehlt deswegen. Hinweise darauf, dass Spahn fallen gelassen wird, gibt es jedenfalls bisher nicht. Auch enge Vertraute aus Nordrhein-Westfalen fehlen im Team. Serap Güler, Staatssekretärin im Integrationsministerium, will in den Bundestag. Sie war lange Laschets engste Vertraute beim Thema Integrationspolitik. Laschets Schatten Nathanael Liminski wird ebenfalls nicht erwähnt. Proporz oder Taktik? Das bleibt offen.

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