Ein Mann von gestern

Wolfgang Hübner über den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet

Das hatte sich Armin Laschet sicherlich leichter vorgestellt: im Fahrwasser der scheinbar ewigen Kanzlerin deren Nachfolger zu werden. Das härteste Gefecht schien ihm das innerparteiliche um die Kandidatur zu sein.

Doch der Wind hat sich gedreht. Die Union steht elend da, was auch dem Kanzlerkandidaten zu verdanken ist. Nun sollen es ein paar zackige Reden herausreißen, und da ist Laschet nicht mehr der gemütliche Onkel Armin, sondern – man kann es nicht anders sagen – ein Scharfmacher.

Auf dem CSU-Parteitag erzählte er, bejubelt von umfragegepeinigten Delegierten, nicht nur haarsträubenden Unsinn über die SPD. Die hat eben nicht, wie Laschet behauptet, »in all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte ... immer auf der falschen Seite« gestanden. Wenn, dann tat sie es oft gemeinsam mit den Konservativen: beim Sozialabbau, bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Sie hat aber auch Verdienste, erkämpft gegen die Konservativen: Entspannungspolitik, Gleichstellung der Geschlechter, deutsche Staatsbürgerschaft für Migranten.

So klingt es aber, wenn Konservativen das Wasser bis zum Hals steht. Da liebedienert man auch vor der CSU wegen ihrer innenpolitischen Härte. Bei Großereignissen in München gebe es »friedliche Demonstrationen irgendwo im Umfeld, aber keine Randale«. Offenbar stellt Laschet sich so Demokratie vor: Die Industrielobby, etwa bei der Internationalen Autoausstellung, wird abgeschirmt; ein bisschen Protestgedöns weit abseits darf sein. Blöd nur, dass sich Zehntausende den Autowahn nicht mehr gefallen lassen wollen. Und noch blöder, dass die Randale von der Polizei ausging.

Junge Klimaaktivisten erlebten, wie der Staat im Ernstfall auf ihre Forderungen reagiert: mit Schlagstock und Reizgas. Laschet feiert so etwas als »null Toleranz« ab. Dieser Kandidat ist ein Mann von gestern.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -