Hinterbliebene wollen Gerechtigkeit

Erster Zivilprozess wegen Corona-Ansteckungen im Skiort Ischgl

Der erste Prozess um die tödlichen Corona-Ansteckungen im Tiroler Skiort Ischgl im März 2020 hat am Freitag einen schnellen vorläufigen Abschluss gefunden. Die Richterin am Wiener Landgericht ließ keine weiteren Gutachten und Anträge auf Vorlage von Behördenprotokollen zu, die der Klägeranwalt Alexander Klauser gefordert hatte, und erklärte das Verfahren für geschlossen. Alle relevanten Informationen über das Handeln der Behörden seien bereits bekannt, sagte die Richterin und kündigte ein schriftliches Urteil an.

Das Gericht behandelt die Klage der Witwe und des Sohns des nach seinem Ischgl-Urlaub an Covid-19 gestorbenen Hannes Schopf. Der 72-jährige Schopf, ein ehemaliger Journalist, soll sich nach Ansicht der Hinterbliebenen mit Corona infiziert haben, als er bei der chaotischen Evakuierung von Ischgl drei Stunden lang mit niesenden und hustenden anderen Touristen Bus gefahren sei. Die Hinterbliebenen fordern nun von Österreich rund 100 000 Euro Schadenersatz.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Anwalt Klauser sieht eine ganze Reihe von Versäumnissen der Behörden, die dazu führten, dass Ischgl und Umgebung gleich zu Beginn der Pandemie Anfang März 2020 zu einem Corona-Hotspot wurden. Die Behörden hätten zu spät auf die ersten Infektionen reagiert und aus wirtschaftlichen Überlegungen Gesundheitsmaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt. Außerdem habe Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am 13. März 2020 eine Quarantäne für Ischgl ohne Vorbereitungen verkündet. Tausende Urlauber seien dadurch unkontrolliert und dicht an dicht gedrängt geflohen. »Wer sich noch nicht in der Woche davor mit dem Coronavirus infiziert hatte, infizierte sich jetzt in überfüllten Pkws und Skibussen«, sagte Klauser vor Journalisten. Bei dem Corona-Ausbruch in Ischgl und anderen Tiroler Urlaubsorten hatten sich im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehr als 6000 Menschen aus 45 Ländern mit dem Coronavirus angesteckt. Etwa fünf Prozent von ihnen leiden unter als Long Covid bekannten Langzeitfolgen der Infektion wie Kurzatmigkeit und Schlafproblemen. Anwalt Klauser führt sogar rund 11 000 Corona-Fälle in verschiedenen Ländern auf Ischgl-Heimkehrer zurück.

Es ist die erste von 15 bei dem Gericht bisher eingegangenen Klagen von Österreichern und Deutschen, die den Behörden schwere Fehler im Umgang mit der Pandemie vorwerfen. Unterstützt werden die Klagen vom österreichischen Verbraucherschutzverein (VSV). Dort rechnet man damit, dass insgesamt bis zu 3000 Ansprüche an den Staat gestellt werden. Nach Angaben des VSV starben von den Tausenden Betroffenen 32 Menschen. Die Behörden hätten zu spät gewarnt und den Skibetrieb nicht schnell genug beendet.

Auch eine unabhängige Expertenkommission, die den Ausbruch untersuchte, stellte schwere Fehler der Behörden fest. Diese weisen die Vorwürfe zurück. Vergleichsverhandlungen hat der österreichische Staat im ersten Prozess um den folgenschweren Corona-Ausbruch abgelehnt. Die Republik vertritt die Auffassung, dass Regierung und Behörden mit dem damaligem Wissen über das Virus richtig handelten und die Klage deshalb grundlos ist - dies wurde zum Auftakt des Verfahrens deutlich. Sollte Schadensersatz geleistet werden, wollen die Angehörigen von Hannes Schopf das Geld spenden. Ihnen geht es vor allem um Gerechtigkeit. Mit Agenturen

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