Bitteres Ende für die NSU-Opfer

Die Bestätigung des Urteils gegen Terrorhelfer André Eminger ist ein Skandal

Die Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof war die letzte nach Ende dem Münchner Prozess gegen NSU-Mittäterin Beate Zschäpe und mehrere Männer, die als »Unterstützer« der Rechtsterroristen und wegen Beihilfe zu Mord und Raubüberfällen angeklagt waren. Zu ihnen gehörte André Eminger. Seit Mittwoch ist nun auch das gegen ihn 2018 ergangene Urteil rechtskräftig, die juristische Aufarbeitung der NSU-Verbrechen vermutlich abgeschlossen.

Angehörige der Mordopfer und Überlebende des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße hatten gerade die milde Strafe gegen den bekennenden Neonazi Eminger als blanken Hohn empfunden. Seit Mittwoch gilt er endgültig lediglich als »Unterstützer« des NSU-Trios, als der er zu gerade mal zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war – und längst wieder in Freiheit ist. Dabei mietete er Fahrzeuge an, die nachweislich bei einigen der Verbrechen der Terrorgruppe zum Einsatz kamen. Das Wissen um die Taten konnte ihm aber laut Oberlandesgericht München nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Dagegen war die Bundesanwaltschaft der Überzeugung, dass Eminger aktive Beihilfe zu Mord und Raubüberfällen geleistet hat, weshalb sie auch zwölf Jahre Haft für ihn gefordert hatte. Doch der BGH folgte der Einschätzung der Münchner Kammer. Eine nüchterne Entscheidung, formaljuristisch nicht zu beanstanden. Und doch ist und bleibt die nachsichtige Behandlung von Tätern wie Eminger ein Skandal. Den Opfern nimmt sie den letzten Funken Vertrauen in den Rechtsstaat. Und Neonazis bestärkt derlei in dem sicheren Empfinden, dass sie im Zweifel auch Morde organisieren können, ohne mit allzu harten Strafen rechnen zu müssen. In München hatten etliche Kumpane das Urteil gegen E. beklatscht und bejubelt – eine zusätzliche Demütigung der Opferfamilien.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Darüber hinaus sind das Münchner Urteil und Revisionsentscheidung weiterere Hinweise darauf, dass die deutsche Justiz mit zweierlei Maß misst: Da kommt einer, der rechte Serienmörder schützte und ernährte, mit einer geringeren Strafe davon als Menschen, die beim G20-Gipfel in Hamburg Flaschen in Richtung von Kopf bis Fuß gepanzerter Polizisten warfen oder denen nicht einmal eine konkrete Tat, sondern lediglich eine »psychische Beihilfe« zu Gewalt vorgeworfen worden war.

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