Die Entziehung des Eigentums nur bei grober Pflichtverletzung

aus dem modernisierten wohnungseigentumsgesetz

  • Lesedauer: 2 Min.

Zu verstehen ist diese Möglichkeit als absolute Notbremse, wenn ein Eigentümer massiv und wiederholt trotz Abmahnung gegen die Spielregeln der Eigentümergemeinschaft verstößt. Da eine Gemeinschaft grundsätzlich nicht aufgelöst werden kann, muss es eine Möglichkeit geben, unter hohen Voraussetzungen einen Eigentümer auszuschließen.

Mit der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, beschäftigte sich das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-13 S 9/21) im Urteil vom 4. Oktober 2021, auf das die AG Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) verweist.

Im Rahmen der Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes zum Dezember 2020 ist auch der für die Entziehung maßgebliche Paragraf geändert worden. In der zuvor geltenden Vorschrift war als Regelbeispiel für die Möglichkeit der Entziehung der Zahlungsverzug des Wohnungseigentümers aufgeführt.

Dies ist nun nicht mehr der Fall. Vielmehr heißt es jetzt, dass der Wohnungseigentümer die ihm obliegenden Verpflichtungen so schwer verletzt haben muss, dass eine Fortsetzung der Gemeinschaft den übrigen Eigentümern nicht mehr zugemutet werden kann. Hieraus resultiert, dass eine Prüfung im Einzelfall zu erfolgen hat.

Im zu entscheidenden Fall handelte es sich um Zahlungsrückstände, die etwa 12 500 Euro betrugen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft musste in den vergangenen fünf Jahren regelmäßig Rechtsstreitigkeiten führen, wobei sowohl Wohngelder, Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen und auch Sonderumlagen von dem betroffenen Eigentümer nicht gezahlt wurden. Auch auf titulierte Forderung zahlte der Wohnungseigentümer nur teilweise im Rahmen der Zwangsvollstreckung.

In diesem Zahlungsverhalten sah das Gericht eine so erhebliche Pflichtverletzung, dass die Entziehung nach der erfolgten Abnahme beschlossen werden konnte. Denn auch wenn die neue Vorschrift den Zahlungsrückstand nicht ausdrücklich als Beispiel nennt, kann dieser dennoch eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen, die unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall ein Entziehungsbeschluss rechtfertigt.

Es gibt also auch nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin die Möglichkeit, einen Entziehungsbeschluss auf Zahlungsrückstände zu stützen.DAV/nd

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