Planung für Tram zum Hermannplatz ausgeschrieben

BVG sucht Ingenieurbüros für Strecke durch Görlitzer Park - Planfeststellung für Anbindung des Ostkreuzes in der Dauerschleife

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.
So könnte die Straßenbahn-Neubaustrecke in der Kreuzberger Falckensteinstraße einmal aussehen.
So könnte die Straßenbahn-Neubaustrecke in der Kreuzberger Falckensteinstraße einmal aussehen.

An der Warschauer Straße sollen bereits in der zweiten Jahreshälfte die Bauarbeiten für eine Verlängerung der Tram Richtung Oberbaumbrücke beginnen. Allerdings geht es nur um 40 Meter zusätzliches Gleis. »Um auch nach Eröffnung der Neubaustrecke vom Hauptbahnhof zum U-Bahnhof Turmstraße betrieblich flexibel zu sein«, so die Senatsverkehrsverwaltung auf nd-Anfrage, soll die eingleisige Kehranlage vor dem U-Bahnhof verlängert werden und ein zweites Gleis bekommen. Das erhöht die Kapazität deutlich, außerdem kann mehr als die derzeit nur vierminütige Wendezeit eingeplant werden, was bei den täglichen Verspätungen für einen stabileren Betrieb sorgen soll. »Das Plangenehmigungsverfahren befindet sich in der abschließenden Bearbeitung«, so die Verwaltung.

Ende 2021 haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auch die Planung der 3,1 Kilometer messenden Verlängerung der Linie M10 von der Warschauer Straße zum Hermannplatz ausgeschrieben. Auf direktem Weg über Oberbaumbrücke, Falckensteinstraße und den Görlitzer Park, weiter die Pannierstraße entlang und schließlich durch die Sonnenallee soll die Strecke führen.

»Die Trassierung auf der unter Denkmalschutz stehenden Oberbaumbrücke stellt eine besondere Herausforderung dar«, heißt es in den Ausschreibungsunterlagen. Dazu kommt noch die Frage, wie der starke Rad- und Autoverkehr sowie die Straßenbahn dort unter einen Hut gebracht werden können.

Knifflig wird es auch in der verkehrsberuhigten Falckensteinstraße. Hier sollen der Erhalt der Straßenbäume, die Belieferung der zahlreichen Läden und Lokale und insgesamt eine mit der »Kiezstruktur gut verträgliche« Planung gelingen.

Klar ist: Fast alle Parkplätze entlang der Strecke werden wegfallen müssen, was bereits bei der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung für Kritik sorgte. Auch die Querung des Görlitzer Parks stellt »ein sensibles Thema dar, das in der Öffentlichkeit emotional diskutiert und teils ablehnend bewertet wurde«, wie es eher zurückhaltend formuliert in den Ausschreibungsunterlagen heißt.

Offen ist in dem Bereich auch, wo die Straßenbahn künftig halten soll. »Eine genaue Positionierung der Haltestellen im Umfeld des Görlitzer Parks ist dem weiteren Planungsprozess vorbehalten, dabei wird auch die künftige Gestaltung des Parks eine Rolle spielen«, erklärt die Verkehrsverwaltung. »Wichtig ist, dass man eine ansprechende städtebauliche Gestaltung, die dem Park gerecht wird, findet«, sagt Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband Igeb zu »nd«.

Klar ist hingegen, dass die denkmalgeschützte Thielenbrücke über den Landwehrkanal im Zuge der Pannierstraße neu gebaut werden muss. Einerseits weil sie die Last der Züge nicht tragen kann, andererseits weil die Fahrbahn auf dem Brückenbogen zu stark gekrümmt ist.

Angesichts der vielen Herausforderungen ist es zweifelhaft, ob die Strecke vor den 2030er Jahren überhaupt in Betrieb gehen kann. Laut BVG ist mit einer Eröffnung »frühestens 2029« zu rechnen. Damit dürfte auch die Verlängerung der derzeit vor der Warschauer Brücke endenden Linie M13 noch zeitlich weit weg sein. Teil der Ausschreibung der Streckenplanung ist auch, einen Abzweig vor der Oberbaumbrücke in die Mühlenstraße mit neuer Endhaltestelle und Wendegleisen zu prüfen. Somit würde die M13 nicht nur endlich den U-Bahnhof erreichen, auch das inzwischen fast komplett bebaute Anschutz-Areal und die East Side Gallery wären besser erschlossen.

Abschreckendes Beispiel für nicht enden wollende Planungs- und Genehmigungsprozesse ist die Verlegung der Linie 21 zum Bahnhof Ostkreuz. Zum dritten Mal müssen die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren ausgelegt werden. Zunächst war ein fehlerhaftes Lärmgutachten erstellt worden, bei der zweiten Auslegung sind im Internet nicht alle relevanten Unterlagen veröffentlicht worden. Hunderte Einwendungen gegen den Bau kamen aus der Nachbarschaft.

»Die Bearbeitung läuft intensiv seit Monaten, die BVG hat die bisherigen Einwendungen so weit bearbeitet, dass verbleibende Konflikte erkannt sind und mit Betroffenen derzeit direkte Gespräche geführt werden, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen«, erklärt die Verkehrsverwaltung. Im Anschluss werde die BVG die Bearbeitung abschließen und die Ergebnisse der Anhörungsbehörde übermitteln. Ein Baubeginn lasse sich »aktuell nicht valide vorhersagen«.

»Ich erwarte mir einen Neustart bei der Straßenbahn von der neuen politischen Leitung. BVG, Verwaltung und Genehmigungsbehörde müssen künftig besser zusammenarbeiten«, sagt das Friedrichshainer SPD-Abgeordnetenhausmitglied Sven Heinemann zu »nd«.

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