Krankenstände unter Beobachtung

Senat hat Monitoring kritischer Infrastruktur begonnen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir sehen im Moment, dass wir bei unserer kritischen Infrastruktur lediglich bei der Wasserversorgung und der Telekommunikation ein Grün haben«, sagt die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag bei der Pressekonferenz im Anschluss an die wöchentliche Senatssitzung. Sie sagt das nach der Bekanntgabe, dass der Senat sich ein regelmäßiges Lagebild der Krankenstände und Quarantänefälle und somit der Arbeitsfähigkeit aus zahlreichen Bereichen der Daseinsvorsorge geben lässt. Strom-, Wärme- und Gasversorger sowie die Mineralölversorgung zählen dazu, aber auch das Gesundheitssystem, die Verkehrsinfrastruktur, die Ernährungswirtschaft und der Lebensmittelhandel. »Hinzukommen werden auch die Lehrerinnen und Lehrer«, so Giffey.

Pandemiestufe 1 bei der Polizei

Die immer mehr um sich greifende Corona-Virusvariante Omikron macht sich inzwischen auch bei der Berliner Polizei bemerkbar. Die hatte am späten Montagnachmittag bekanntgegeben, »Pandemiestufe 1« eingeleitet und einen Corona-Krisenstab eingerichtet zu haben. Diese gilt ab einem krankheitsbedingten Ausfall von mindestens 15 Prozent des Personals. Laut Mitteilung sind aktuell rund 800 Beschäftigte infiziert oder in Quarantäne. Das allein würde bei rund 25 000 Beschäftigten bei Weitem nicht reichen, um die Quote zu erfüllen. Offenbar liegt der nicht weiter spezifizierte Krankenstand recht hoch. In Relation zu den 5300 Beschäftigten der Berliner Feuerwehr liegt dort die Anzahl der Infektions- und Coronafälle mit zusammen rund 300 deutlich höher. Ein Sprecher nannte diese Zahlen am Montag auf nd-Anfrage.

»Wir stellen an der Charité eine zunehmende Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fest, die sich in Isolation oder Quarantäne begeben müssen«, sagt ein Sprecher des Universitätsklinikums am Dienstag auf dpa-Anfrage. Es könne »partiell zu Anpassungen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten kommen«, so der Sprecher weiter. An der Charité werden wegen der hohen Belastungen durch Corona ohnehin schon seit einiger Zeit bestimmte planbare, nicht überlebenswichtige Operationen, Behandlungen und Therapien verschoben. Der landeseigene Vivantes-Klinikkonzern teilt mit, dass die Personalausfallquote dort in den letzten Wochen schwankte und derzeit tendenziell wieder leicht steige. Sie liege jedoch noch nicht über dem in früheren Corona-Wellen erreichten Niveau.

Bisher nur geringe Beeinträchtigungen

Als besorgniserregend sieht Franziska Giffey die Lage derzeit nicht an. Derzeit gebe es »in weiten Teilen der kritischen Infrastruktur eine geringe Beeinträchtigung«, sagt sie. Das entspreche Ausfällen von 10 bis 15 Prozent der Arbeitskraft. Die entsprechenden Betriebe können regulär auf Fehlzeiten von 20 bis 30 Prozent reagieren. Berlin sei aber »bei weitem nicht« in solchen Bereichen.

Allerdings dürften die Infektionszahlen in den nächsten Tagen noch deutlich steigen. »Wir können noch nicht einmal davon sprechen, dass wir auf dem höchsten Punkt eines Berges angekommen sind«, formuliert das die Regierende Bürgermeisterin.

»Hamburg rechnet mit einer Steigerung auf das Doppelte der Zahlen«, sagt Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) auf der Pressekonferenz. Am Dienstag lag die gemeldete Sieben-Tage-Inzidenz bei ziemlich exakt 900. Für Berlin meldet das Landesamt für Gesundheit und Soziales am Dienstag einen Wert von knapp 963. Tatsächlich dürfte er deutlich höher liegen, allein der Bezirk Marzahn-Hellersdorf muss noch geschätzt 6000 Fälle nachmelden, nachdem von dort etwas über eine Woche wegen Datenbankproblemen überhaupt keine Fälle übermittelt worden sind. »Insgesamt ist es so, dass in nahezu allen Bezirken noch Fälle nachzumelden sind«, sagt Gote. Sie stellt das als recht problemlos dar, weil inzwischen in den internen Prognosen auch die noch nicht gemeldeten Infektionen geschätzt würden. Immerhin deute sich an, »dass die Welle etwas langsamer kommt«.

Sie erwartet auch, dass auf die Krankenhäuser noch einiges zukommen wird. »Leider gibt es schon erste Hinweise, dass die Wahrscheinlichkeit leider höher ist als erwartet, auch später noch schwerer zu erkranken«, beschreibt sie Erkenntnisse aus anderen Ländern, die schon länger mit der Omikron-Variante konfrontiert sind. Bei den Kliniken sei man aber »in Berlin im Moment noch beruhigt«.

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