Sollte Geoengineering verboten werden?

Eine Gruppe von Wissenschaftlern fordert ein Abkommen, um das Dimmen der Sonne zu verbieten

  • Christoph Müller
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob die Menschheit die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad stoppen kann, ist zweifelhaft. Doch was dann? Eine Möglichkeit wäre, das Klima dann mit Aerosolen zu kühlen. Ein Aufruf verlangt nun, genau das zu verbieten. Aber es besteht unter Wissenschaftlern bei weitem kein Konsens hinsichtlich dieses Verbots.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern appelliert an die Staatengemeinschaft, solares Geoengineering zu verbieten. Bei diesem Verfahren werden Aerosole, etwa Schwefeldioxid, in der Hochatmosphäre ausgebracht, um das Sonnenlicht zu dimmen und so das Klima zu kühlen. Dass das funktioniert, konnte man nach dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 beobachten. Der Vulkan schleuderte riesige Mengen Schwefel in die Stratosphäre, die dort die globale Durchschnittstemperatur im Folgejahr um ein halbes Grad reduzierten. Die gleiche Schwefelmenge von Flugzeugen aus zu versprühen, wäre erstaunlich günstig.

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Genau das wollen nun Wissenschaftler mit einem internationalen Abkommen verhindern. In diesem Staatsvertrag sollten sich die Länder dazu verpflichten, weder die Erforschung des solaren Geoengineerings finanziell zu unterstützen noch dessen Einsatz. Ein solches Verbot wäre nicht neu: Es ist etwa verboten, am Südpol Rohstoffe abzubauen, ozonschädigende Gase zu emittieren oder Abfälle im Meer zu entsorgen. Der Initiator des Aufrufs, Frank Biermann von der Universität Utrecht, sagt: »Der Einsatz von solarem Geoengineering ist auf faire, demokratische und effektive Weise nicht zu regeln.« Denn dazu müsste die Menschheit gemeinsam festlegen, wie stark und für wie lange das Klima gekühlt wird und wie Menschen und Länder entschädigt werden, denen dadurch ein Nachteil entsteht.

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Als weitere Gefahr sehen die Wissenschaftler, dass weniger für die Reduktion der Emissionen getan wird als möglich, so lange die Option »Geoengineering« nicht formell ausgeschlossen ist. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes und ein Mitunterzeichner des Aufrufs sagt: »Solares Geoengineering lenkt von der Ursache für die Klimakrise ab. Wir müssen aufhören, Öl, Kohle und Gas zu verfeuern. Nur so können wir die Überhitzung des Planeten aufhalten.« Und schließlich besteht die Gefahr internationaler Konflikte. Wenn einzelne Länder das Klima mittels Geoengineering kühlen, könnten andere Länder das Klima absichtlich aufheizen, um diesen Effekt zu konterkarieren. Länder mit unterschiedlichen Interessen würden dann in gegensätzliche Richtungen am Thermostat der Erde drehen.

Dass es Regeln für gezielte Eingriffe in das Weltklima geben sollte, ist weitgehend Konsens. Ob der Einsatz von Geoengineering oder sogar die Erforschung verboten werden soll, ist hingegen umstritten. Der Chef der Carnegie Climate Governance Initiative und frühere UN-Assistenz-Generalsekretär Janos Pasztor sagt etwa: »Es ist an der Zeit, darüber zu sprechen, wie die wahrscheinliche Überschreitung von 1,5 Grad Erwärmung bewältigt werden kann.« Derzeit liefen dazu Verhandlungen hinter den Kulissen, mit dem Ziel Geoengineering im Jahr 2023 in der UN-Generalversammlung zu diskutieren. Dort werde dann die zentrale Frage sein: »Sind die Risiken einer zwei Grad wärmeren Welt schlimmer als die Risiken des Geoengineerings?« Erste Anhaltspunkte könnte hier bereits ein Bericht des Weltklimarats IPCC liefern, der Anfang April erscheint. Die Forderung nach einem Verbot von Geoengineering ist somit nur ein Standpunkt in einer zunehmend hitzigen Diskussion.

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