Korruption: Nicht nur in armen Ländern

Maskendeals bescheren Deutschland schlechtes Abschneiden bei globalem Index zu Bestechlichkeit

»Die derzeitige Situation schürt leider Politikverdrossenheit. Bundesjustizminister Buschmann muss deshalb zügig liefern.« Das betonte der Vorsitzende von Transparency Deutschland, Hartmut Bäumer, bei der Vorstellung des Korruptionswahrnehmungsindexes, der an diesem Dienstag veröffentlicht wird. Er erinnerte die Ampelkoalition damit an ein Versprechen zu Regierungsantritt.

Der Schaden für das Ansehen der Politik ist groß. Maßgeblich tragen dazu Verfehlungen bei, die juristisch derzeit mangels eines effektiv ausgestalteten Paragrafen zur Mandatsträgerbestechung nicht zu ahnden sind.

Die CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein sind prominente Verantwortliche, die im Jahr 2021 für Negativschlagzeilen sorgten. Ihre Fälle beschäftigen seit der vergangenen Woche den »Untersuchungsausschuss Maske« des Bayerischen Landtags.

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Ende 2020 hatte eine Privatbank aus Liechtenstein mit einem Rechtshilfeersuchen dafür gesorgt, dass Zahlungen an eine »politisch exponierte Person« hinterfragt wurden. Ende Februar hob dann der Deutsche Bundestag die Immunität des damaligen Bundestagsabgeordneten Nüßlein auf. Er trat kurze Zeit später aus der CSU aus, behielt sein Bundestagsmandat aber bis zum Ende der Legislatur und trat bei der Bundestagswahl nicht erneut an.

In einem ersten Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) München konnte Nüßlein zusammen mit dem bayerischen CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter und dem am Maskengeschäft beteiligten Unternehmer keine strafbare Handlung nachgewiesen werden. Die Oberstaatsanwaltschaft München hat jedoch bereits angekündigt, gegen die OLG-Entscheidung des beim Bundesgerichtshof vorzugehen.

Der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern sei in diesem Fall, in dem es um rund 1,2 Millionen Euro an Beraterhonoraren geht, derzeit nicht erfüllt, da der Paragraf 108 e des Strafgesetzbuches nur Fälle erfasse, in denen auf einen im Plenum oder einem Ausschuss stattfindenden parlamentarischen Entscheidungsprozess - zum Beispiel eine Abstimmung - Einfluss genommen werden soll, ordnet Transparency die Entscheidung ein und hofft darauf, dass eine Novelle des Paragrafen in Angriff genommen wird.

»Innerhalb der Koalition werden wir besprechen, wie wir diese Vereinbarung umsetzen werden«, teilte eine Sprecherin des Justizministeriums auf »nd«-Anfrage mit. Nach einer Gesetzesnovelle aus dem Justizministerium selbst sieht es derzeit aber nicht aus. Die Sprecherin teilte weiter mit: »Bei der Änderung solcher Regelungen erfolgt die Initiative traditionell in der Regel aus der Mitte des Bundestages.«

Die Sprecherin für Rechtspolitik der Linksfraktion, Clara Bünger, kritisierte den Stillstand beim Thema Korruption. »Die Ereignisse im Zusammenhang mit Maskendeals in der vergangenen Legislaturperiode haben gezeigt, wie dringend notwendig das Handeln in Bezug Korruption von Berufspolitiker*innen ist. Es ist wichtig, dass durchsetzbare Mechanismen etabliert werden, damit so etwas nicht wieder vorkommt«, erklärte Bünger auf »nd«-Anfrage.

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Auf den hinteren Plätzen des Index sind vor allem Staaten zu finden, die als gescheitert gelten und in denen es aufgrund von Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen kaum staatliche Ordnung gibt, die Korruption bekämpft. Von den maximal möglichen 100 Punkten erreichte der Südsudan lediglich 11 Punkte. Somalia und Syrien gehörten mit jeweils 13 Punkten ebenso zu den Schlusslichtern. Zwei Drittel der 180 gelisteten Länder erreichen nicht einmal 50 Punkte. Dass selbst Spitzenreiter der Liste mit 88 Punkten und Deutschland mit 80 gegenüber dem Vorjahr stagnieren, deutet auf Defizite auch in diesen Ländern hin.

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