Otte setzt CDU unter Druck

AfD tritt mit dem Vorsitzenden der Werteunion bei der Wahl des Bundespräsidenten an

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Im politischen Berlin bleiben Personalentscheidungen selten lange genug geheim. Eigentlich wollte die AfD erst in den nächsten Tagen offiziell verkünden, ob und mit wem sie bei der Wahl zum Bundespräsidenten antritt. Doch kaum hatte sich die Parteispitze am Montagabend festgelegt, wurde der Name auch schon publik. Es handelt sich um eine Kandidatur, die als Provokation der CDU verstanden werden muss: Die AfD nominiert Max Otte, CDU-Mitglied und Vorsitzender der rechtspopulistischen Werteunion.

Völlig überraschend kommt die Entscheidung für den 57-Jährigen nicht. Ottes Name fiel in den vergangenen Wochen wiederholt. Die Werteunion, ein parteiunabhängiger Zusammenschluss, in dem sich mehrheitlich Unterstützer*innen der Unionsparteien organisieren, war am Montag vorgeprescht, noch ehe die Entscheidung der AfD bekannt war.

In einer Erklärung an den frisch gewählten CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz schlug die Werteunion vor, einen eigenen CDU-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten ins Rennen zu schicken. Mit dieser Offerte kam der Verein eigentlich zu spät, haben sich die wichtigsten CDU-Gremien doch längst dafür ausgesprochen, eine zweite Amtszeit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu unterstützen. Das vergiftete Angebot erreichte die Union kurz bevor die AfD Otte nomnierte. Am Dienstag machte die Partei ihre Provokation perfekt: AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla und Parteivizin Alice Weidel stellten den Kandidaten offiziell vor.

Die Beiden sollen es auch gewesen sein, die sich im AfD-Bundesvorstand für den Ökonomen aussprachen. Ottes Nominierung ist dabei auch Ausdruck des parteiinternen Machtkampfes. Der scheidende Co-Parteivorsitzende Jörg Meuthen erklärte, die Entscheidung sei »inhaltlich als auch strategisch falsch und unklug«. Die meisten führenden AfD-Vertreter*innen sehen das jedoch anders: 14 von 16 Landesvorsitzenden sprachen sich für Otte aus. Auch aus den Reihen der völkischen Nationalisten gab es Lob für die Personalentscheidung.

Otte geht nicht zum ersten Mal auf Tuchfühlung mit der AfD. Zwischen Juni 2018 und Januar 2021 saß er im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Kurz vor der Bundestagswahl 2017 hatte Otte zudem erklärt, er werde aus Kritik an der deutschen Asylpolitik die AfD wählen. Trotz solcher Äußerungen entging er bisher einem Parteiausschlussverfahren.

Dies dürfte sich nach seiner Nominierung durch die AfD nun ändern. »Eine Kandidatur für eine andere Partei, erst Recht in diesem Fall für die AfD, wäre absolut indiskutabel«, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei. Eine solche Kandidatur müsse »zwingend auch zu einem Ausschluss führen«. Ähnlich äußerte sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Sollte Otte die Partei nicht freiwllig verlassen, müsse die CDU ihn ausschließen.

Die CDU-Spitze setzte Otte am Dienstag ein Ultimatum bis zum frühen Abend, um seine Kandidatur zurückzunehmen. Sollte er dies nicht tun, werde der Parteivorstand noch am gleichen Tag in einer Sitzung über das weitere Vorgehen beraten, so CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. »Wir fordern auch ganz ausdrücklich Herrn Otte auf, die CDU zu verlassen«.

Jemand anderes zog dagegen bereits Konsequenzen: Der frühere Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (CDU) erklärte am Dienstag seinen Austritt aus der Werteunion.

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