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Jenas kleine Auferstehung

Carl Zeiss siegt bei Energie Cottbus, beide wollen noch auf Platz eins in der Regionalliga Nordost

  • Matthias Koch, Cottbus
  • Lesedauer: 4 Min.
Jenas Spieler hielten Energie mit Erik Engelhardt (2. v. l.) in Cottbus unter Kontrolle.
Jenas Spieler hielten Energie mit Erik Engelhardt (2. v. l.) in Cottbus unter Kontrolle.

Spieler und Trainer des FC Carl Zeiss Jena sehnten am Sonnabend in Cottbus den Schlusspfiff herbei. Die Thüringer Fußballdelegation wollte, dass endlich die Nachspielzeit im Spitzenspiel der Regionalliga Nordost beim FC Energie ein Ende hat. Als Schiedsrichter Jens Klemm aus Gröditz kurz darauf die Partie beendete, sprang Jenas Chefcoach Andreas Patz vor Freude in die Luft, Siegtorschütze Fabian Eisele ballte die Fäuste. Der Angreifer hatte in der 38. Minute mit seinem elften Saisontor den verdienten 1:0-Endstand besorgt.

Für Jena bedeutete dies eine kleine Auferstehung. Eine Woche zuvor hatte der FC Carl Zeiss noch ein Nachholspiel gegen die ebenfalls vorn mitmischende Mannschaft von Lok Leipzig zu Hause mit 2:3 verloren. Deshalb war die Erleichterung nun groß. »Das Ziel war, das Spiel von letzter Woche vergessen zu machen. Es ist einfach wichtig, so eine Partie gegen einen Gegner, der vor dir steht, zu gewinnen«, sagte Eisele. Der Torjäger war mittendrin, als sein Team den Sieg hüpfend im Mannschaftskreis feierte.

In der gleichen Formation herrschte bei Energie 30 Meter entfernt Stillstand. Minutenlang redete Trainer Claus-Dieter Wollitz auf seine Spieler ein. »Ich habe es im Kreis gesagt, dass man die maximale Leistung und Konzentration braucht, um erfolgreich zu sein. Wenn man eine Phase mit vielen Siegen und Punkten hat, gibt es eine Erwartung. Wenn man die erhalten will, braucht man mehr Intensität und Konzentration«, so Wollitz. Cottbus war vor der Partie neun Spiele lang ohne Niederlage geblieben. Diese Serie hatte am 27. Oktober mit einem 1:0 ausgerechnet in Jena begonnen. Danach schwang sich das Team zu einem ernsthaften Verfolger von Tabellenführer BFC Dynamo auf. Jetzt beträgt der Rückstand auf die Berliner, die am Freitag mit 2:0 in Halberstadt gewannen, aber wieder sieben Zähler.

Insofern tat Energie und den 1000 erlaubten Besuchern im Stadion der Freundschaft die zweite Heimniederlage in dieser Saison richtig weh. Wollitz wusste um die Bedeutung der Partie, deshalb stand der 56-Jährige auch am Spielfeldrand, obwohl er vielleicht ins Bett gehört hätte. »Ich bin gesundheitlich sehr angeschlagen. Ich hatte auch die Empfehlung vom Arzt, das nicht zu machen. Ich konnte Mittwoch und Donnerstag nicht bei der Mannschaft sein. Ich war am Freitag da«, erklärte Wollitz. »Ich habe ein Training gesehen, was mir Sorgen bereitet hat. Deswegen bin ich hier. Ich wollte in der Situation die Mannschaft nicht alleinlassen.«

Wollitz ist Energie Cottbus und Energie Cottbus ist Wollitz. Wie Eduard Geyer, mit dem Energie von 1994 bis 2004 in der 1. und 2. Bundesliga spielte, gibt Wollitz dem Verein ein Nachwendegesicht. Im Sommer 2021 übernahm er zum dritten Mal den Trainerposten. Bereits vom Sommer 2009 bis Dezember 2011 sowie von April 2016 bis Dezember 2019 stand er bei den Lausitzern an der Seitenlinie. »Fakt ist, dass es in Cottbus hinsichtlich Stadion, Kabine und Trainingsbedingungen gute Strukturen für die Arbeit gibt. Wenn ich in Ruhe wirken kann, dann kann man in der Regel auch Mannschaften entwickeln und formen«, sagte Wollitz im Juli.

Geld aber ist knapp. Ende 2020 stand der Verein vor dem Aus. Der damals eingestiegene Präsident Sebastian Lemke begann eine ernsthafte Konsolidierung. Neben der sportlichen Entwicklung treibt den Unternehmer auch die Stadionfrage um. Die 1988 erbaute Haupttribüne ist nicht mehr zeitgemäß. Die Modernisierung vorantreiben könnte die baldige Rückkehr in die 3. Liga. »Wenn man Zweiter oder Dritter ist, will man nicht Sechster werden. Aber es gab vor der Saison nicht das Ziel. Der Klub ist in der Konsolidierung. Dafür machen wir es gut«, so Wollitz.

Konkurrent Jena hat weiterhin die Meisterschaft im Blick, auch wenn die auswärts weiter unbezwungene Leipziger Mannschaft, der Berliner AK und Cottbus noch vor Jena im Kielwasser des BFC schwimmen. Im Oktober erfolgte ein Trainerwechsel. Dirk Kunert traute man den Aufstieg nicht mehr zu. Er wurde durch Andreas Patz ersetzt. Unter dem vorherigen A-Junioren-Trainer gab es immerhin einen 2:0-Erfolg gegen den Klassenprimus BFC Dynamo. Aber bei Tennis Borussia Berlin (1:4) und in der Vorwoche gegen Lok setzte es auch bittere Pleiten.

Patz ist im Vergleich zu Wollitz ein ruhiger Typ. Er sprach leise, als er am Sonnabend eine selbstbewusste Ansage zum Thema Meisterschaft machte. »Der Verein hat ein Ziel ausgegeben. Das war Platz eins. Wir hinken ein bisschen hinterher. Wir müssen fleißig arbeiten. Der BFC muss auch erst mal seine Spiele gewinnen«, sagte Patz. »Ich bin entspannt. Es sind noch 15 Spieltage. Es ist noch alles drin. Wir spielen auch noch gegen den BFC.« Die Zukunft in Jena wird vielleicht ohne Patz stattfinden, dem für die 3. Liga der Fußballlehrer-Schein fehlt. Aber sie hat auch mit Hilfe des langjährigen belgischen Investors Roland Duchatelet längst begonnen. Seit Monaten wird das Ernst-Abbe-Sportfeld umgebaut. Bis 2023 soll die Spielstätte für 15 000 Besucher fertig sein. Vermutlich muss Jena aber dann noch mindestens ein Jahr in der Regionalliga kicken.

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