Hohe Abschlussgebühren kosten viel Geld

Lebensversicherungen von Bafin unter die Lupe genommen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die meisten Versicherten sind sich dessen nicht bewusst: Jeder Vertrag kostet ihnen viel Geld. Von den Beiträgen für eine Lebensversicherung oder Altersvorsorge gehen Vertriebs- und Verwaltungskosten ab. Diese drücken die Rendite für Versicherte ganz erheblich.

Verwaltungs- und Vertriebskosten spielen eine große Rolle

Europas Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA veröffentlicht seit 2016 wenigstens aggregierte Zahlen aus den Berichten der Unternehmen. Danach betragen die Verwaltungskosten (einschließlich der sogenannten Schadenregulierungskosten) in Deutschland 3,7 Prozent und liegen damit über dem EU-Durchschnitt. Die Abschluss- und Vertriebskosten liegen mit 8,1 Prozent sogar erheblich höher als in der EU mit 4,6 Prozent.

Vor diesem Hintergrund nimmt die Finanzaufsicht Bafin die Provisionen für Lebensversicherungen unter die Lupe. »Eine große Rolle spielen nach wie vor die Vertriebskosten«, sagt Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund der DPA kurz nach dem Jahreswechsel. »Wir werden uns genau anschauen, inwieweit hier die Vorschriften eingehalten werden.« Die Ergebnisse will Frank Grund bis Ende 2022 vorlegen. Die Verwaltungskosten für Produkte der privaten Altersvorsorge lägen dagegen auf niedrigem Niveau, versichert Grund.

Die frühere schwarz-rote Bundesregierung hatte ursprünglich die üppigen Provisionen deckeln wollen, die Versicherer ihren Vermittlern und Vertriebspartnern für den Abschluss von Kapitallebensversicherungen und Altersvorsorgeverträgen zahlen. Das Vorhaben wurde aber nicht umgesetzt.

Mit einem gesetzlichen Deckel sollten mögliche Fehlanreize beendet werden. Schließlich könnten Sparkassen, Versicherungsmakler oder Finanzvertriebe wie DVAG und ihre Mitarbeiter geneigt seien, Kunden Verträge anzudrehen, die die höchste Vermittlungsgebühr einbringen. Diese Gefahr sollten Verbraucher im Vermittlungsgespräch mit einem Verkäufer beachten!

Verbraucherschützer: Zillmerung von 2,5 Prozent ist schlicht Abzocke

Im neuen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP wird das Thema nicht erwähnt. Verbraucherschützern sind Provisionen beim Abschluss von Verträgen, die letztlich die Sparer zahlen, schon lange ein Dorn im Auge. Nach Einschätzung des Versicherungsaufsehers Grunds wäre die Beratung von Kunden auf Basis von Honoraren zwar ein »gangbarer Weg«.

»Nach meiner Erfahrung scheuen viele Verbraucher davor zurück, für die Beratung Geld auszugeben«, sagte der Exekutivdirektor der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin. Faktisch tun sie dies allerdings längst, denn die Vertriebs- und Abschlusskosten sind ja in ihre Prämien eingepreist.

»Es ist längst an der Zeit, dass eine selbstbewusste Aufsichtsbehörde der Provisionsabzocke den Kampf ansagt«, meint auch Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV). Wenn es nach Kleinlein geht, kann sich die Bafin die Prüfung sparen. Denn es gäbe genügend rechtliche Grundlagen, um gegen überhöhte Provisionen vorzugehen.

»Schon jetzt könnte die Aufsicht mit Blick auf die maximal zulässige Zillmerung eigentlich tätig werden«, wird Kleinlein konkret. Bei einer »Zillmerung« werden bereits mit Beginn der Laufzeit eines Vertrages ein Teil der Abschluss- und Vertriebskosten von den ersten Prämien abgezogen, was die Rendite nachhaltig schmälert.

Derzeit beträgt die maximal zulässige Zillmerung 2,5 Prozent der gesamten (!) Beitragssumme. Dieser Wert werde in der Praxis aber oft überstiegen. »Schon diese Zillmerung von 2,5 Prozent der Beitragssumme ist schlicht Abzocke, weil sie damit die versicherte Leistung deutlich mindert«, so der Verbraucherschützer.

Allerdings unterscheiden sich bei der Höhe der Provisionen und Verwaltungskosten die einzelnen Versicherer ganz erheblich voneinander. Bei einer langfristigen Altersvorsorge, die über Jahrzehnte läuft, macht dieser Unterschied Abertausende von Euro aus. Daher lohnt sich ein »Preis«-Vergleich.

Verbraucher sollten sich auf Internetportalen informieren

Dazu können Sie im ersten Schritte auf einschlägige Internetportale wie Check24 oder Verivox zurückgreifen, und sich im zweiten Schritt bei der Stiftung Warentest oder einer Verbraucherzentrale Informationen einholen. Auch auf der Internetseite vom Bund der Versicherten finden Sie weitere Hinweise zu einzelnen Aspekten der Alterssicherung sowie umfangreiche und sehr aufschlussreiche Infoblätter.

Zuletzt können Sie bei zwei, drei Anbietern, die in die engere Auswahl gekommen sind, die »Basisinformationsblätter für Versicherungsanlageprodukte« studieren. Auf drei Seiten sind darin alle wichtigen Informationen zusammen gefasst, unter anderem die Höhe der Kosten und wie stark diese voraussichtlich Ihre Rendite schmälern werden.

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