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Der Hamburger Hafen sorgt sich um die russische Kohle

Die Auswirkungen von Putins Krieg gegen die Ukraine sind auch in der Hansestadt an der Elbe spürbar

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Stromerzeugung aus Steinkohle erhöhte sich im vergangenen Jahr um 26,7 Prozent. Der Einsatz von Steinkohle in den Kraftwerken wurde begünstigt durch den extremen Preisanstieg beim Erdgas, heißt es beim Verband der deutschen Kohleimporteure. Fast zwei Drittel der Kraftwerkskohle stammen aus Russland. Diese Kohle gilt als besonders hochwertig. Davon profitiert auch der Hamburger Hafen, einer der zentralen Umschlagplätze von Kohle und Holz aus Russland.

Hamburg hat bereits 1957 eine Städtepartnerschaft mit dem russischen St. Petersburg geschlossen, als die Millionenmetropole noch Leningrad hieß. Auch damals herrschte eine angespannte politische Situation. Seither und erst recht nach dem Ende der Sowjetunion war der Hamburger Hafen das »Tor zur Welt«, für Russland immer der wichtigste Hafen an der Nordsee. Mit umgeschlagenen 350 000 Containern liegt das Land für den Hafen an der Elbe auf Rang vier, hinter China, USA und Singapur, aber vor Großbritannien, Polen und Südkorea. Wichtiger sind für den Hafen allerdings Massengüter wie eben Kohle und Holz. »Wir beobachten alles mit großer Sorge«, hieß es auf der Jahrespressekonferenz der Hafen Hamburg Marketing (HHM), die am Montag online stattfand.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

»Aktuell lässt sich noch nicht sagen, inwieweit die Sanktionen gegenüber Russland die Umschlagsentwicklung beeinflussen werden«, sagte HHM-Vorstand Axel Mattern. Eine realistische Prognose für das laufende Jahr lasse sich zu diesem Zeitpunkt nicht geben, denn auch die Corona-Pandemie könnte weiterhin Einfluss auf den Außenhandel nehmen. Und dies wiederum würde sich auf die Umschlagszahlen auswirken.

Bereits nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 hatte sich der Umschlag mit Russland halbiert. Nun gehe es nicht allein um Sanktionen, sondern auch um die Frage, was sich Russland zukünftig noch finanziell leisten könne. Über Hamburg bezieht Russland vor allem Maschinenbauteile, Früchte und technische Konsumgüter.

Sorgen bereitet der Ukraine-Krieg auch andernorts. Auf die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) entfallen zwei Drittel des Hafenumschlags. Die teilstaatliche HHLA besitzt aber auch Terminals in Estland, Italien - und der Ukraine. In der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer betreibt das Unternehmen seit dem Jahr 2001 einen Terminal. Nach Firmenangeben wurden dort bereits rund 150 Millionen Euro investiert.

Der Hafen in Odessa wurde von den ukrainischen Behörden geschlossen. Man sei nun in großer Sorge um die Beschäftigten, sagte HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath. Die letzten Mitarbeiter haben am Donnerstag den Hafen geräumt. »Zuvor haben sie noch zwei Schiffe verlässlich abgefertigt, die den Hafen danach verlassen konnten«, sagte Titzrath. Den 480 Beschäftigten wurde ein Monatslohn im Voraus ausgezahlt. »So können sie sich in dieser besonderen Situation entsprechend mit den lebensnotwendigen Waren bevorraten.« Vor Ort wurde ein Krisenstab gebildet, der sich mit dem zuständigen Geschäftsführer Philip Sweens in Hamburg »eng abstimmt«. Die HHLA als Konzern sei in seiner Substanz jedoch nicht gefährdet.

In Frankreich und Großbritannien wurden bereits russische Schiffe abgewiesen. In Hamburg warten die Verantwortlichen noch auf die genauen Sanktionsbestimmungen. Ohnehin ist die Zahl von Schiffen unter russischer Flagge minimal, allerdings gehören viele Frachter oder Teile der Ladungen Russen, die auf der schwarzen Liste der Europäischen Kommission stehen könnten. Gewichtiger sind Russen (und Ukrainer) für die Seefahrt selber. Laut des Reederverbandes International Chamber of Shipping stellen die beiden Staaten rund 15 Prozent aller Beschäftigten an Bord.

Nach einem »starken Januar« mit einem Umschlagplus von mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat wollte Europas drittgrößter Hafen, wie nahezu alle deutschen Seehäfen, wieder richtig Fahrt aufnehmen. Der Seegüterumschlag hatte sich nach dem vorjährigen Einbruch durch die Corona-Pandemie im Jahr 2021 positiver als erwartet entwickelt. So fiel der Seegüterumschlag mit einem Ergebnis von 128,7 Millionen Tonnen und somit einem Plus von rund zwei Prozent besser aus. Der Containerumschlag erreichte mit 8,7 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) ein Plus von 2,2 Prozent.

Für ein Rekordergebnis sorgte der Güterverkehr auf der Schiene. Die Hamburger Hafenbahn konnte im vergangenen Jahr 2,8 Millionen TEU transportieren. Dies ist ein Plus von acht Prozent im Vergleich zum vorletzten Jahr. »Hamburg baut eindrucksvoll seine führende Position als weltweit größter Eisenbahnhafen aus«, freute sich Mattern. In Ergänzung zum Seetransport werden immer mehr »zeitkritische Güter« auf der Schiene zwischen China und Hamburg transportiert. Hamburg sieht sich als führender Start- und Endpunkt auf der »Neuen Seidenstraße«. Rund 160 000 TEU wurden im vergangenen Jahr per Eisenbahn zwischen Hamburg und mehr als 25 Zielorten in China befördert, ein starkes Plus von 51 Prozent.

Allerdings trübt der Ukraine-Krieg auch hier das Bild, denn die Standardroute läuft über Moskau und Nowosibirsk. Für das Jahr 2022 hofft die Marketingorganisation des Hamburger Hafens auf einen »insgesamt stabilen Verlauf« beim Umschlag.

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