Der Kriegsspieler

Der Filmemacher Emir Kusturica lässt sich von Putin einspannen

Der Krieg ist immer auch Kampfansage an den Intellekt. Emir Kusturica hat diesen Kampf ein Mal mehr verloren, lässt er sich doch während Russlands Einmarsch in die Ukraine zum Leiter des Theaters der russischen Armee in Moskau ernennen. Er verabschiedet sich damit von der Kunst und stellt sich in den Dienst der Propaganda.

Kusturica ist wohl einer der international bekanntesten Künstler aus den Zerfallsprodukten Jugoslawiens. Als Bassist des No Smoking Orchestra hat er hierzulande ein wenig, als Filmemacher ausgesprochen große Bekanntheit erlangt. Seine Musik war antiautoritäres Aufbegehren in den 80er Jahren – und später Vehikel für eine Verklärung des verurteilten serbischen Kriegsverbrechers Radovan Karadžić zum Helden. Seine Filme sind Märchen zwischen Roma-Romantik und bildstarker Magie, die den Grenzübertritt zum Kitsch niemals gefürchtet hat. Sein Erfolgsfilm »Underground« (1995), aber auch das weniger stark beachtete Werk »On the Milky Road« (2016) waren eine klare Absage an den Krieg im Allgemeinen und an den Jahre währenden Brudermord auf exjugoslawischem Boden im Besonderen.

Es war mit Kusturica, der sich erst 2005 serbisch-orthodox taufen ließ, immer ein stetiges Auf und Ab: Seine Bekundungen der Verbundenheit mit Slobodan Milošević konnten nichts als Kopfschütteln hervorrufen. Für ihn sollte der serbische Nationalismus eine Antwort auf den Krieg sein. Anschließende Gesten der Distanzierung ließen sein Publikum wieder aufatmen.

Und nun das: Emir Kusturica lässt sich vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu zum Theaterintendanten machen. Am Theater der russischen Armee will er zukünftig etwa seinen Streifen »Das Leben ist ein Wunder« (2004) auf die Bühne bringen. Aus dieser Film gewordenen Absage an Krieg und falsche Vaterlandsliebe wird unter den neuen Vorzeichen zweifelsohne ein gänzlich anderer Theaterabend werden.

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