• Berlin
  • Haushaltsverhandlungen und Schulen

Das Geld ist nicht weg, es ist nur woanders

Bildungspolitiker der Berliner Grünen-Fraktion verteidigen die vorgesehenen Einsparungen bei den frei verfügbaren Schulmitteln

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus wehrt sich gegen Vorwürfe, die von ihrem Parteifreund Daniel Wesener geführte Senatsfinanzverwaltung spare im Zuge des Doppelhaushalts 2022/2023 die Schulen zugrunde. Dabei handele es sich schlichtweg um eine »Mär«, sagt der schulpolitische Fraktionssprecher Louis Krüger. »Weil gerade das Gespenst der Kürzungen im Bildungshaushalt umgeht: Das würde ich gern endlich in den Schrank sperren«, so Krüger am Donnerstag bei einer Vorstellungsrunde der künftig für Jugend- und Bildungspolitik zuständigen Grünen-Abgeordneten.

Erst am Mittwoch hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen komplett anders lautenden Brandbrief veröffentlicht, in dem es unter anderem hieß: »Trotz aller Beteuerungen im Wahlkampf und der Erkenntnisse aus der Pandemiezeit, wie wichtig Bildung ist, sind im Haushalt Einsparungen geplant.«

Konkret geht es bei den Rotstift-Vorwürfen gegen den Senat im Allgemeinen und den Grünen-Finanzsenator Wesener im Besonderen um den sogenannten Verfügungsfonds für die Berliner Schulen. Das sind frei verfügbare und flexibel einsetzbare Mittel, die die Schulen eigenverantwortlich ausgeben können, etwa für Fortbildungen, zusätzliche Projekte oder kleine Instandhaltungsarbeiten, inklusive der Beschaffung von Möbeln. Größeren Schulen standen hierfür bisher zum Teil über 25.000 Euro zu. Mit dem aktuell verhandelten Doppelhaushalt für das laufende und das kommende Jahr soll damit Schluss sein. Kommen die Pläne durch, dann werden die Mittel für den Verfügungsfonds von zuletzt 12,3 Millionen Euro auf knapp 4,9 Millionen Euro im Jahr 2022 zusammengestrichen.

Pro Schule stünden demnach künftig maximal 3000 Euro im Jahr zur Verfügung, teilte das Haus von SPD-Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse den Schulleitungen Anfang März mit, unmittelbar nachdem der Senat den Haushaltsentwurf beschlossen hatte. Seither kracht es im Karton. Ob Schulleiterverbände, Landeselternausschuss, Gewerkschaft oder bildungspolitische Initiativen wie »Schule muss anders«: Sie alle fordern die Rücknahme der Kürzungen. »Ihr spart unsere Zukunft kaputt!«, heißt es etwa vom Bündnis »Schule muss anders«, das für diesen Samstag gemeinsam mit der GEW zu einer Demonstration vom Kreuzberger Oranienplatz zur Senatsfinanzverwaltung in Mitte aufruft.

Jetzt mal kurz durchatmen, sagt dagegen das nun vorgestellte dreiköpfige bildungs- und jugendpolitische Sprecherteam der Grünen-Fraktion. So verweist der schulpolitische Sprecher Louis Krüger darauf, dass der Gesamtetat der Bildungsverwaltung keineswegs zusammengestrichen, sondern für 2022 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 700 Millionen auf 5,4 Milliarden Euro erhöht wurde. Im Gegenzug zur Kürzung des Verfügungsfonds bekämen die Bezirke zudem 5 Millionen Euro für die kleinen Instandhaltungsmaßnahmen, die bislang aus den frei verfügbaren Schulmitteln beglichen werden konnten.

»Das Geld an sich fällt nicht weg«, sagt auch Marianne Burkert-Eulitz, Grünen-Sprecherin für Bildung und Familie. Die Diskussion um den Verfügungsfonds lenke überdies von anderen gravierenden Problemen im Doppelhaushalt ab: »Was mich persönlich ärgert, ist, dass bewährte, kleinere Projekte im Bildungs- und Familienbereich gestrichen werden.« Zum Teil würden die »auf null gesetzt«. Hier nachzuschärfen, »das wird unsere Aufgabe sein in den Haushaltsverhandlungen in den nächsten Wochen«, sagt Burkert-Eulitz. Die jugendpolitische Sprecherin Klara Schedlich erinnert schließlich an die vielen selbstverwalteten Jugendangebote, die man »im Flächenkampf in der Stadt Berlin« nicht allein lassen dürfe.

Letztlich kommt die grüne Dreierrunde aber trotzdem immer wieder auf das Thema Verfügungsfonds. So auch in der Frage der möglichst raschen Bereitstellung von Schulplätzen für die Tag für Tag mehr werdenden Kinder und Jugendlichen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Denn auch das kostet Geld. Voraussichtlich sehr viel Geld. Hierfür »braucht es von Landesebene einen abgestimmten Weg«, sagt Louis Krüger. »Der schlechteste Weg wäre, wenn die Schulen auch noch versuchen müssten, das aus dem Verfügungsfonds zu stemmen.« Mit 3000 Euro im Jahr könnte das auch knapp werden.

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