Willkür statt Wahrheit

Wolfgang Hübner über Druck und Zensur in der Ukraine und Russland

Dass die Wahrheit das erste Opfer eines Krieges sei - dieses Diktum wird dem US-Senator Hiram Johnson aus der Zeit des Ersten Weltkriegs ebenso zugeschrieben wie dem altgriechischen Tragödiendiendichter Aischylos. Allein die historische Unsicherheit beweist, dass kriegerische Auseinandersetzungen zu allen Zeiten von Lügen begleitet waren und sind.

Da bilden die aktuellen Kriegsparteien Russland und Ukraine keine Ausnahme. Wer sich selbst ein Bild von diesem Krieg, von Hintergründen und Interessen machen möchte, hat es noch schwerer, seit der ukrainische Präsident Selenskyi die Fernsehsender des Landes zusammenlegen lässt, weil man jetzt mit einer Stimme sprechen müsse. Fast gleichzeitig wurde etlichen prorussischen, teils linken Parteien bis auf Weiteres die Tätigkeit untersagt - ein faktisches Parteienverbot. Bereits vor einem Jahr hatte Selenskyi prorussische Sender schließen lassen. Die Ukraine steht damit dem Feind Russland kaum nach, wo im System Putin strengste Medienzensur und rabiate Unterdrückung von Protesten an der Tagesordnung sind. So bringen Kriegsalltag und Kriegsrecht eine Willkür hervor, die zur Abstumpfung und Perversion demokratischer Grundbegriffe führt und über den Krieg hinaus Folgen haben wird. Und die Wahrheit? Kann man lange suchen.

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