Schweriner Klimaschutzstiftung vor dem Aus

Rechtsgutachten soll Auflösungsmodalitäten klären. CDU will Untersuchungsausschuss

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Das »Geflecht zwischen SPD und Strukturen in Russland« offenlegen: Das sei die Aufgabe eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den Mecklenburg-Vorpommerns Landtag einsetzen müsse. Dies sagte der frühere CDU-Landesvorsitzende Eckhardt Rehberg kürzlich auf einem Parteitag der Union in Güstrow. Besonderes Augenmerk solle das Gremium dabei auf die »Stiftung Klima und Umweltschutz MV« legen, die der Landtag Anfang 2021 ins Leben gerufen und die vom russischen Staatskonzern Gazprom 20 Millionen Euro bekommen hatte. Dieses Geld bildete zusammen mit 250 000 Euro aus der Landeskasse das Stiftungskapital. Zudem hatte Gazprom seinerzeit zugesagt, dass die Stiftung nach Betriebsbeginn der Gasleitung jährlich weitere Fördergelder des russischen Staatsunternehmens bekomme.

Rehberg gab zu bedenken, dass Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihr Amtsvorgänger Erwin Sellering (beide SPD), der seit Gründung der Stiftung als deren Vorstandvorsitzender fungiert, noch an ihren engen Beziehungen zu Russland festgehalten hatten, als russische Soldaten schon an der Grenze zur Ukraine standen.

Angesichts des von Russland begonnenen Krieges hatte sich die Regierungschefin allerdings Ende Februar für eine Auflösung der Stiftung ausgesprochen und vorgeschlagen, die 20 Millionen Euro, die von Gazprom geflossen waren, für humanitäre Aufgaben in der Ukraine einzusetzen. Damit war Schwesig bei Sellering auf Ablehnung gestoßen. Er meinte zunächst, es sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, die Stiftung aufzulösen und ihr Vermögen für andere Zwecke als den Klimaschutz zu verwenden.

Inzwischen aber hat Sellering seinen Widerstand gegen eine Auflösung aufgegeben, jedoch gemahnt: Zuvor müssten alle rechtlichen Bedenken ausgeräumt werden. Im NDR bekannte Sellering: »Ich habe falsch eingeschätzt, wie die Möglichkeiten sind, auch mit Putin-Russland zusammenzukommen. Das ist ein Fehler, den ich einsehen muss – eine Illusion. Das gilt für alle hier im Land.« Der Versuch, auf der politischen Ebene mit Russland »auf einen guten Partnerschaftskurs« zu kommen, werde von 80 Prozent der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern getragen. »Und die alle sind grausam enttäuscht über das, was jetzt passiert ist«, sagte Sellering mit Blick auf den Krieg.

Juristen sollen klären, wie die Stiftung so schnell wie möglich aufgelöst werden kann. Von den Landtagsfraktionen darf eine Zustimmung zu diesem Schritt erwartet werden. Der Chef der Staatskanzlei in Schwerin, Patrick Dahlemann (SPD), betonte dazu: »Die Stiftung kann nach dem Angriff auf die Ukraine nicht fortbestehen.«

Mecklenburg-Pommerns Klimaschutzstiftung war von Anfang an sehr umstritten. Zwar enthält ihre Satzung einen ganzen Katalog von Aufgaben, von der Sicherung der Artenvielfalt über Weiterbildung im Umweltschutz bis zur Bewahrung der Natur im Ostseeraum, ihr Hauptzweck aber war unbestritten, sich für den Weiterbau der Erdgaspipeline »Nordstream 2« einzusetzen. Dass dies nicht so sei, betonten Landespolitiker seinerzeit gern, allen voran die Ministerpräsidentin. Das trug ihr damals vom Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kramer, den Titel »Gaslobbyistin« ein. Die Stiftung Klimaschutz sei eine Tarnorganisation, deren Name die Klimaschädlichkeit der Erdgasleitung verschleiere. Das sei eine Frechheit, so der DUH-Vorsitzende.

Auch der Naturschutzbund Deutschland und der World Wildlife Fund Deutschland übten herbe Kritik an der Stiftung, da mit ihr unter dem Deckmantel des Umweltschutzes die Klimakrise weiter angeheizt werde – eben durch die Pipeline, deren Weiterbau und Vollendung angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine von der Bundesregierung Ende Februar gestoppt worden war. Nun ist damit zu rechnen, dass auch der Fortbestand der Klimaschutzstiftung gestoppt wird. Wie und durch wen das geschehen kann, wird nun ein Rechtsgutachten klären.

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