Lasst uns in Frieden (32): Crew love is true love

Mit und ohne Superkräfte gegen die Kriegslogik: Der Animationsfilm »Encanto«

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 2 Min.

Der oscarprämierte neue Pixar-Animationsfilm »Encanto« erzählt von einer Gruppe kolumbianischer Migranten, die es geschafft haben, trotz Krieg, Vertreibung und Flucht an einen sicheren Ort ins Exil zu gelangen und sich dort einzurichten. Das glückt nicht zuletzt durch magische Fähigkeiten, die eine Frau im schrecklichsten Moment des Verlustes erlangt: während einer mörderischen Verfolgung und einer Flucht, die an den informellen Grenzübertritt vieler Menschen aus Mexiko erinnert.

Die magischen Fähigkeiten und regelrechte Superkräfte, um zu überleben und die Gemeinschaft zu stärken, vererbt sie über Generationen hinweg weiter. Das Trauma von Krieg und Flucht aber wird ebenso tabuisiert wie alle negativen Gedanken. Bis eines Tages die magische Erblinie unterbrochen wird. Droht für die Familie der Verlust ihrer magischen Fähigkeiten? Stellt das die ganze Gemeinschaft Geflüchteter infrage? Oder hat das damit zu tun, dass das Trauma von Krieg und Vertreibung nie aufgearbeitet wurde und dadurch die gesamte Existenz dieser Gemeinschaft plötzlich zur Disposition steht?

Alle Menschen, die mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben, brauchen jede Menge dieser Magie, wie sie in »Encanto« beschrieben wird - für ihr Überleben, aber auch die Fähigkeit, sich dem Trauma zu stellen.

Den Krieg zu rationalisieren und sich in seine Logik einzufügen, wie das auch hierzulande immer mehr Menschen tun, kann definitiv kein Weg sein, mit dem traumatischen Charakter eines derartigen Ereignisses umzugehen. Auch magische Fähigkeiten und Superkräfte, sollte es sie denn geben, können da nichts ausrichten. Es geht am Ende immer wieder um das Herstellen einer sozialen Wirklichkeit, einer solidarischen Gemeinschaft; es geht um Care-Arbeit, ums Füreinander-Eintreten und den Versuch, Traumata aufzulösen.

Kein wie auch immer gearteter Ausgang des Krieges kann einen von dieser Last entbinden. Das ist es auch, was die übrigens in geschlechterrollenspezifischer Hinsicht progressiven Charaktere dieses mittlerweile in unzähligen Blogs diskutierten Films erfahren. Erst ohne Magie schaffen sie es, sich ihrer Geschichte zu stellen.

So wie wir auch erst einmal ohne Magie und Superkräfte ganz bewusst der Logik dieses Krieges entkommen müssen.

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