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Schwere Waffen über Ringtausch in die Ukraine

Während im Donbass die Angriffe und Kämpfe andauern, läuft die Debatte um deutsche Waffenlieferungen

Die Debatte um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine dauert an. Im ZDF-Morgenmagazin äußerte sich der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal, am Mittwoch nun zur Absage der Lieferung von Schützenpanzern »Marder«. Ein Großteil werde dazu herangezogen, um Ersatzteile für den Einsatz bereitzustellen. »Wir hätten keine Möglichkeit mehr, auf Eventualitäten zu reagieren, und das würde die Verteidigungsfähigkeit doch erheblich schwächen«, so Laubenthal.

In seiner Rede vom Dienstagabend hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereit gezeigt, die Ukraine mit schweren Waffen zu unterstützen, die jedoch nicht aus Bundeswehrbeständen geliefert werden könnten. Grund dafür ist zum einen die nicht gegebene Verfügbarkeit von ad hoc einsatzfähigen Fahrzeugen. Gäbe Deutschland kriegstaugliches Bundeswehrmaterial ab, müsste mehrere Wochen bis Monate auf Ersatz gewartet werden. Die Zusage, mit einer Milliarde Euro der Ukraine Waffenkäufe bei deutschen Rüstungsfirmen zu ermöglichen, hatte Scholz allerdings gegeben.

Dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk gehen diese Zusagen nicht weit genug. Ohnehin sei der ukrainischen Regierung unklar, welche Waffen bestellt werden dürften. Die sechzigseitige Liste, die Melnyk gemeinsam mit der Rüstungsindustrie kommuniziert und öffentlich als Druckmittel verwendet, sei bislang nicht hinreichend abgearbeitet. Insbesondere schwere Waffen seien nicht geliefert worden.

Eine direkte Lieferung schwerer Waffen ist derzeit nicht vorgesehen. Offen sei die Bundesregierung allerdings für einen Ringtausch. Dabei würden zunächst osteuropäische Länder den Sofortbedarf an schweren Waffensystemen decken. Da das Material in diesen Ländern meist dem entspreche, was die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes und damit auch die Ukraine nutzen, wäre ein sofortiger Einsatz ohne aufwendige Anpassung der Instandsetzungs- und Lieferketten möglich. Teil des Ringtausches ist dann die Zusage, dass abgegebene Schützenpanzer dann in den kommenden Monaten durch deutsche Rüstungserzeugnisse in den Nachbarländern ersetzt werden.

Die Vorgehensweise bekräftigte auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach einem Treffen mit ihrem lettischen Amtskollegen Edgars Rinkevics in Riga am Mittwoch. Wo andere Nato-Partner jetzt Artillerie liefern könnten, werde Deutschland mit Ausbildung und Wartung helfen. Derzeit unterstützen mehrere europäische und skandinavische Länder die Ukraine. 100 Flugabwehrraketen vom Typ »Mistral« wurden aus Norwegen versprochen. Das Land hatte bereits 4 000 Panzerabwehrwaffen zugesagt.

»Es läuft ein kontinuierlicher Strom an Waffen und Munition in Richtung der Ukraine, und dieser Strom soll auch nicht abreißen«, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Vorwürfe von verzögerten Lieferungen wies er zurück.
Innerhalb der Bundesregierung verwehrte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Anton Hofreiter (Grüne) gegen die derzeitige Regierungspraxis. Er bezeichnete die deutsche Vorgehensweise als »paternalistisch« und befürwortete die Lieferung schwerer Waffen gemäß der ukrainischen Forderungen. Politikprofessor Carlo Masala, der an der Bundeswehruniversität in München lehrt, kritisiert die Entscheidung gegen die direkte Lieferung von deutschen Schützenpanzern. »Da wird es ein paar geben, die könnte man sicherlich mit einem verkürzten Training relativ schnell in die Ukraine bringen. Aber da gibt es halt erhebliche Widerstände«, so Masala im ZDF.

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In der Ukraine dauert die russische Großoffensive an. Besonders heftig sind die Kämpfe um die Stadt Mariupol. Dort wurde für den Mittwoch ein Fluchtkorridor vereinbart, um Zivilbevölkerung aus der Stadt evakuieren zu können. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete Waffenlieferungen als »moralische Pflicht« aller Länder, die derzeit über Waffen verfügen würden.

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