Sackgasse Energie-Embargo

Die EU-Mächtigen haben sich bei den Sanktionen verrannt

Wenn man in eine Sackgasse läuft, dreht man am besten gleich um. Natürlich kann man auch weiterlaufen, bis eine Mauer den weiteren Weg versperrt und man blöd dasteht. Die EU scheint auf die zweite Variante zu setzen. Um dem russischen Krieg in der Ukraine irgendwas entgegenzusetzen, sollen Energie-Embargos helfen. Die jetzt beschlossenen Beschränkungen beim Ölimport schaden aber in vieler Hinsicht mehr, als sie nutzen. Selbst die USA lehnen diese ab, eine Reihe EU-Länder hat auch Bedenken. Während Russland seinen Rohstoff anderswo zu wohl nur etwas niedrigeren Preisen verkaufen kann, werden Bürger und Wirtschaft in der EU unter weiter steigenden Kosten ächzen, die etwa in Deutschland die jetzt in Kraft tretende Spritpreisbremse aushebeln. Dass es für von Russland-Importen extrem abhängige Länder in Osteuropa Ausnahmen gibt, ist notwendig, aber damit gibt es gar kein Embargo. So wird aus dem energiepolitischen Eigentor auch noch ein außenpolitischer Flop. Die EU steht als zerstrittener Haufen da, den ein Kriegsherr nicht sonderlich ernst nehmen muss.

In Deutschland drohen zudem innenpolitische Folgen. Der Osten benötigt wegen der Abhängigkeit von russischem Pipeline-Öl ebenfalls Ausnahmen, doch die scheint die Bundesregierung nicht erlauben zu wollen – mit fatalen wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Ziemlich klar, dass die seit Corona eher schwächelnde AfD dann wieder richtig Rückenwind bekommt und sich als Vertreter ostdeutscher Interessen vermarkten kann.

Das Öl-»Embargo« ist eine wirklich schlechte Idee. Doch besonders der deutsche Wirtschaftsminister und die EU-Kommissionschefin haben sich in dieser Frage offenbar völlig verrannt. Ob sie später mit einem Gas-Embargo-Vorstoß noch ganz gegen die Wand knallen wollen?

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