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Die Kosten der Solidarität
Aert van Riel zum hochrangigen EU-Besuch in der Ukraine
Kurz vor der Empfehlung der EU-Kommission, ob die Ukraine den Status als Beitrittskandidat erhält, haben die drei wichtigsten Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union ein Zeichen gesetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz, der italienische Regierungschef Mario Draghi und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben bei ihrem Besuch in der Ukraine deutlich gemacht, dass das Land zu Europa gehört. Kiew erhält aus dem Westen finanzielle und humanitäre Hilfe sowie Waffen im Krieg mit Russland.
Dagegen, dass die Ukraine schnell in die EU integriert wird, sprechen aber nicht nur Oligarchenherrschaft, Korruption und fehlende Rechtsstaatlichkeit. Hinzu kommt die Gefahr, dass Staaten der EU in den Konflikt hineingezogen werden. In den Verträgen der Europäischen Union gibt es eine Beistandsklausel, die besagt, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats die anderen Mitglieder ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung schulden. Auf dieser Basis könnte Kiew weitere Forderungen an die EU-Mitglieder stellen.
In Berlin und Paris hat man sich deswegen lange zurückhaltend zu einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Ukraine geäußert. Die Machtzentren der EU hatten kein Interesse an einem schnellen Prozess. Das lag nicht nur an den Kosten, die mit dem Beitritt eines armen Landes einhergehen würden, sondern hatte auch sicherheitspolitische Gründe. Nun vollziehen Frankreich und Deutschland eine Kehrtwende und wollen, dass die Ukraine schnell Beitrittskandidat wird. Das ist kurzsichtig gedacht. Bevor über die Bündnisfrage der Ukraine entschieden werden kann, sollte in dem Land ein stabiler Frieden herrschen.
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