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Krähen und Augen
Sebastian Weiermann über rechte Vorfälle bei der Polizei
In Sachen extreme Rechte in Sicherheitsbehörden gab es an diesem Freitag immerhin eine gute Nachricht. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah es als erwiesen an, dass der ehemalige Bundeswehrsoldat Franco A. Anschläge geplant haben soll. A. wurde deshalb zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Immerhin und ausnahmsweise, muss man sagen.
Auch im neuen Fall aus Münster – mehrere Polizisten waren über Jahre in einem Chat, in dem rechte, rassistische und sexistische Inhalte verbreitet wurden – kann man trotz starker Worte der Verurteilung durch die Polizeipräsidentin vermuten, dass das Prinzip »Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus« weiter Bestand hat. So gab es bei den Beschuldigten Polizisten keine Hausdurchsuchungen, sie wurden am Freitag zum Dienst bestellt, dort über ihre Suspendierung und Ermittlungen informiert und konnten wieder nach Hause gehen. Sollte irgendeiner von ihnen etwas zu verbergen haben, bleibt ihm alle Zeit, es verschwinden zu lassen. Auch dass die Polizei Bielefeld gegen die Kollegen aus Münster ermitteln soll, wirkt wie ein schlechter Scherz. Erst vor wenigen Tagen war ein SEK-Beamter aus Bielefeld mit einem bei Rechten beliebten Aufnähermotiv aufgefallen. Eine Behörde mit einer – mindestens in Teilen – problematischen Spezialeinheit soll also das gleiche Problem bei einer anderen Behörde aufklären. Dass schon diese Konstruktion für Misstrauen sorgt, ist klar.
Es ist an der Zeit, dass es in Deutschland unabhängige Ermittlungsbehörden gibt, die bei Fehlverhalten der Polizei einschreiten. Und Ermittlungskometenzen haben. Von der Polizei wird erwartet, dass sie möglichst professionell agiert. Daran haben immer mehr Menschen Zweifel. Zweifel, die denjenigen Polizisten schaden, die gute Arbeit leisten. Sie sollten sich genauso wie die Vertretungen der Polizei für mehr Transparenz und unabhängige Aufklärung einsetzen.
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