Hat das Kaufhaus Zukunft?

Dr. Schmidt über die sogenannten Malls als Fortsetzung des Kaufhauses von damals

  • Christof Meueler
  • Lesedauer: 3 Min.

Ich habe den Eindruck, dass die Kaufhäuser immer weniger werden.

Ja, viele Kaufhausunternehmen sind verschwunden oder wegfusioniert. Ich hab die von früher alle gar nicht mehr im Kopf.

Kaufhof, Karstadt, Hertie, Wertheim, Horten, Bilka …

Die gingen uns im Osten früher ja nichts an. In der DDR war das entschieden übersichtlicher. Es gab da nur die Centrum- und die Konsument-Warenhäuser.

Die gibt es aber auch nicht mehr.

Sowieso nicht. Und die Gebäude sind, selbst wenn sie architektonisch interessant waren, nicht unbedingt erhalten geblieben. Das Centrum am Alex hat seine Fassadengestaltung verloren. In Dresden hat man die Fassadenelemente wenigstens weiterverwendet, wenn auch an einer dieser hässlichen Malls. Das Jugendstilgebäude in Görlitz ist nicht mal das. Es diente zuletzt nur noch als Filmkulisse, darin hat die Stadt ja eine lange Tradition. Die heutigen Center oder Malls sind im Grunde genommen die Fortsetzung des Kaufhauses mit anderen Mitteln.

Ich dachte, die wären eher die Verlängerung des Supermarktes mit anderen Mitteln.

Nee. Auch wenn in den Supermärkten die sogenannten Non-Food-Sortimente wachsen. Bei manchem Lebensmitteldiscounter kannst du dich wahrscheinlich auch übers Jahr einkleiden und die Elektronik anschaffen, die du brauchst. Die verschiedenen Varianten von Handel neigen dazu, sich gegenseitig zu kannibalisieren.

Die Idee vom Kaufhaus war doch, dass man wo hingeht, wo eigentlich alles da ist. Aber das ist jetzt das Internet.

Das schon. Allerdings hat das einen Nachteil: Du kannst nichts anfassen oder anprobieren. Das war ja auch der Punkt, mit dem die Kaufhäuser bei ihrer Entstehung punkten konnten gegenüber dem Einzelhändler. Und sie hatten den Vorteil eines Sortiments mit festen Preisen, während du im Einzelhandel feilschen musstest. Interessanterweise geht es den fünf Luxuskaufhäusern in Paris recht gut. Die realisierten die Idee des Kaufhauses schon im 19. Jahrhundert und haben offenbar auch den richtigen Dreh fürs 21. Jahrhundert. Eins davon wurde gerade für eine Dreiviertelmilliarde umgebaut.

Warum überleben die?

Vermutlich, weil Paris jene Touristen anzieht, die so viel Geld haben, dass sie es nicht vernünftig ausgeben können. Also müssen sie es unvernünftig ausgeben, indem sie irgendwohin fahren, wo man noch teurer einkaufen kann. Paris hat sein Image als Modehauptstadt der Welt über die Jahrzehnte erfolgreich behaupten können. Berlin hat den Partytourismus abbekommen, der bringt einfach nicht so viel Kohle in die Kasse.

Gehst du noch ins Kaufhaus?

Nicht mehr so oft. In die Malls gehe ich allerdings auch nicht unbedingt lieber. Ich gehöre zu der Generation, die noch ein Sortiment vorfinden will, das sich an Sachen orientiert und nicht an Marken, wie in der Shopping-Mall so üblich. Wenn ich eine Hose haben will, dann will ich in der Regel nicht unbedingt eine bestimmte Marke, sondern eine Hose, die mir passt und die die richtige Farbe hat. Aber wenn ich auch im Kaufhaus erst rauskriegen muss, welche Marke möglicherweise die mit der richtigen Passform ist, dann ist es für mich wenig nutzbringend.

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