Zwei Viren, ein Problem

Ulrike Henning meint, dass eine Impfpflicht allein nicht ausreicht

Die Verfassungsrichter haben im Sinne der Masern-Impfpflicht geurteilt, und zwar explizit, wenn sie Kleinkinder betrifft. Ursprünglich umgesetzt werden sollte das zugrunde liegende Gesetz Ende Juli 2021. Das wurde verschoben im Angesicht einer anderen Infektionskrankheit, die sich im Vorjahr schon lange zur Pandemie ausgewachsen hatte.

Masern und Covid-19 weisen aber durchaus gravierende Unterschiede auf, ebenso die Qualität der Impfungen dagegen. Hier sollte nicht vorschnell das eine mit dem anderen gleichgesetzt werden. Sars-CoV-2 verändert sich häufig, die Impfungen dagegen schützen nicht unbedingt vor der Ansteckung. Das Masernvirus hingegen ist so stabil, dass anhand der Genotypen weltweite Infektionswege einfach zu verfolgen sind. Die gleichbleibende Kombination von Merkmalen an der Virusoberfläche ermöglichte gut wirksame Impfstoffe.

Dass nach dem Urteil aus Karlsruhe sofort nach Parallelen gesucht wird, ist nicht verwunderlich. Zu denken geben sollte etwas anderes: Gerade die Gesundheitsämter hätten in der Pandemie kaum Kapazitäten gehabt, sich ernsthaft um vollständige Impfausweise und Impfangebote zu kümmern. De facto ist im vergleichsweise gut ausgerüsteten Deutschland genau das passiert, worüber in vielen Staaten des Südens geklagt wird: Corona warf die Bemühungen um den Schutz vor anderen Infektionskrankheiten deutlich zurück.

Auch in Deutschland wurden die empfohlenen Impfungen vor allem zu Beginn der Pandemie nicht nach Plan gegeben. Paradoxerweise haben Pandemiemaßnahmen dazu geführt, dass kaum noch Masern übertragen wurden. Glück gehabt. Aber wie die Zahlen bei den Atemwegsinfektionen zeigen: Das muss nicht von Dauer sein.

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