Interessen zusammenführen

Die Initiative Brand New Bundestag kritisiert den Haushaltsentwurf der Bundesregierung und stellt ihre Agenda vor

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur wenige Tage vor der Debatte über den Haushaltsentwurf 2023 im Bundestag hat Brand New Bundestag ihre Agenda vorgestellt. Der Anspruch: Ein Zukunftsprogramm für alle. Es ist unter Beteiligung rund 80 zivilgesellschaftlicher Organisationen entstanden, darunter Awo, Fridays for Future, Seebrücke und der Paritätische. »Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es große Überschneidungen in den gemeinsamen Erwartungen an die Politik gibt«, erklärt Maximilian Oehl, Co-Initiator und Executive Director Brand New Bundestag, bei der Vorstellung am Donnerstag. Die Organisation hat sich 2019 gegründet. Sie versteht sich als Plattform des Austauschs zwischen Zivilgesellschaft und Parlament und unterstützt progressive zivilgesellschaftliche Akteur*innen bei einer Kandidatur für den Bundestag. Dabei kooperiert sie mit allen im Bundestag vertretenen Parteien außer der AfD.

Eine Gemeinsamkeit der vielen beteiligten Organisationen ist die Kritik an der bestehenden Politik: »Dieser Haushaltsentwurf reagiert gefährlich unzureichend auf die multiplen Krisen unserer Zeit und verhindert die unbedingt notwendige Transformation für eine zukunftsfähige Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt«, heißt es in der Einladung zur Pressekonferenz. Ihre Agenda ist keine alternative Haushaltsaufstellung mit konkreten Zahlen, sondern formuliert Politikziele. Es sei ein »Angebot an alle politischen Akteur*innen, alte Denkmuster, politische Gräben und gesellschaftliche Lager zu überwinden«. Bei der Vorstellung konzentrierte sich Brand New Bundestag auf die Themen Klima, soziale Gerechtigkeit und Flucht und Migration.

»Die Klimakrise liegt nicht mehr in unserer Zukunft, wir erleben sie bereits heute«, sagte die anwesende Clara Duvigneau, Sprecherin von Fridays for Future Berlin. Sie fokussierte sich in ihrem Beitrag auf Kritik an Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Investitionen im Verkehrssektor würden gegeneinander ausgespielt. »Wir fordern die fristlose Verlängerung des Neun-Euro-Tickets, ohne dafür am Ausbau des ÖPNV zu sparen«, sagte sie. Außerdem müssten erneuerbare Energien barrierefreier werden.

Das Neun-Euro-Ticket befand auch Jeremias Thiel, Aktivist für Armutsprävention, als notwendige Maßnahme für Teilhabe. Er konzentrierte sich mit seinen Forderungen auf vier armutsgefährdete Gruppen in Deutschland: Alleinerziehende, alte Menschen, Arbeiter*innen im Niedriglohnsektor und Kinder und Jugendliche. »Wir müsssen die Sanktionen in der Grundsicherung radikal abschaffen«, sagte er. Thiel kritisierte außerdem, dass sich die jungen Abgeordneten im Bundestag noch zu wenig positionierten, wenn es beispielsweise um die Interessen armer Menschen bei den Entlastungspaketen gehe. »Es braucht einen kontinuierlichen Ausgleich der Inflation«, so Thiel.

Im dritten Themenblock ging es um Asyl und Migration. »Deutschland ist ein Einwanderungsland, und unsere Aufgabe ist es, diese Gesellschaft langfristig zu einer integrativen, modernen Einwanderungsgesellschaft zu machen, statt weiter auf menschenunwürdige und tödliche Abschottung zu setzen«, ließ Tareq Alaows von Leave No One Behind schriftlich mitteilen, er konnte kurzfristig nicht an der Pressekonferenz teilnehmen. Die Agenda fordert »legale und sichere Fluchtwege für alle« sowie ein Ende des deutschen Engagements an Frontex-Einsätzen. Die europäische Grenzschutzagentur sei »nicht reformierbar«.

Wie diese breite Zusammenarbeit unterschiedlichster Aktivist*innen und Organisationen aus den Bereichen Klima, Soziales, Wirtschaft, Digitalisierung, Flucht und Migration, Partizipation, Antidiskriminierung, Feminismus, Gesundheit, Bildung, etc. jenseits des Papiers aussehen soll, ist noch nicht geklärt. »Im Idealfall stößt die Agenda so etwas an«, sagte Oehl. Einen Anlass dafür könnte der globale Klimastreik am 23. September bieten. In den kommenden Tagen wird die Initiative den Austausch mit Bundestagsabgeordneten suchen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal