Bolsonaro noch nicht gebannt

Peter Steiniger zum Duell bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien

Der Bolsonaro-Spuk ist noch nicht vorbei: Zur absoluten Mehrheit hat es für Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien an diesem Sonntag nicht gereicht. Zugleich schnitt der rechtsextreme Staatschef weit stärker ab als vorhergesagt und könnte jetzt das Momentum auf seiner Seite haben. Auch wenn es ihm keine 50 Prozent plus x einträgt, zeigt das, wie groß erzkonservative Sektoren sind, wie weit die Ignoranz reicht, wie tief sich rechter Fanatismus in die brasilianische Gesellschaft eingebrannt hat. Dabei ist das Desaster der Bolsonaro-Jahre mit Millionen verlorener Jobs, der Rückkehr des Hungers und der internationalen Paria-Rolle Brasiliens offensichtlich. Hier zeigen sich ein nie überwundener politischer Analphabetismus und die verdrehten Realitäten aus den sozialen Netzwerken. Auch die Brasilien tief spaltenden Anti-Linke-Kampagnen der Vergangenheit wirken nach. 

Umso bemerkenswerter ist das sagenhafte Comeback von Lula als Volkstribun. Es gibt bei diesen Wahlen eine größere Einigkeit auf der Linken und weitere Lichtblicke. Die Arbeiterpartei konnte in etlichen Städten verlorenes Terrain zurückgewinnen. Im Nordosten kriegt Bolsonaro weiter kaum einen Fuß auf den Boden. Noch eine gute Nachricht ist: Lula ist genau die Kämpfernatur, die es jetzt braucht, um Bolsonaro in der Verlängerung auszuknocken. Der wird versuchen, Chaos zu stiften, und Angst vor der roten Gefahr verbreiten.

Ein institutioneller Bruch ist für Bolsonaro weiterhin mindestens Plan B. Gegen einen Putsch spricht, dass Biden nicht gerade der Freund des Bolsonaro-Freundes Trump ist. Ein Durchmarsch Lulas hätte die Chance auf einen geordneten Machtwechsel deutlich erhöht. Nun kommen auf Brasilien unruhige und gefährliche Wochen zu. 

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