Lecks im Raumschiff Bundestag

Wieder wurden Journalisten mit Neuem aus der Gerüchteküche der Linksfraktion versorgt

Sahra Wagenknecht am 8. September nach ihrer umstrittenen Rede in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Auch in der Bundestagsfraktion gehen die Meinungen darüber auseinander, ob die Prominenz von Sahra Wagenknecht der Partei eher nützt oder schadet.
Sahra Wagenknecht am 8. September nach ihrer umstrittenen Rede in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Auch in der Bundestagsfraktion gehen die Meinungen darüber auseinander, ob die Prominenz von Sahra Wagenknecht der Partei eher nützt oder schadet.

Es war eine Geschichte, die die Wogen der Empörung in der Linkspartei wieder hochschlagen ließ: Sahra Wagenknecht sei als energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion im Gespräch, berichtete der »Spiegel«. Ihr Büro soll dem Blatt gegenüber sogar bestätigt haben, dass es solche Überlegungen gebe. Sie sei bereit, in den Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Parlaments zu gehen, schrieb sie demnach auf Anfrage und fügte hinzu: »Damit wäre dann auch die Position der energiepolitischen Sprecherin verbunden.« Gegenüber »nd« bestätigte das Büro Wagenknechts diese Aussage bis zum Redaktionsschluss nicht.

Tatsächlich wird der letztgenannte Posten innerhalb der Fraktion demnächst frei, weil der Abgeordnete Ralph Lenkert diesen, wie es offiziell heißt, aus gesundheitlichen Gründen aufgeben will. Ebenso seinen Sitz im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Parlaments. Vorsitzender dieses Gremiums ist seit Ende vergangenen Jahres Lenkerts Fraktionskollege Klaus Ernst. Er vertritt in der Regel nicht die energie- und klimapolitischen Positionen der Partei und der Fraktion, sondern eher seine eigenen. Eine davon lautet, die russische Erdgaspipeline Nord Stream 2 müsse geöffnet werden und in Betrieb gehen.

Diese Position vertritt auch Sahra Wagenknecht. Wie »nd« aus Fraktionskreisen erfuhr, war die ehemalige Fraktionschefin bisher allerdings keineswegs als energiepolitische Sprecherin und Ausschussmitglied im Gespräch. Vielmehr habe man auf den Fluren der Fraktion gewitzelt, wenn man der Linken den Todesstoß versetzen wolle, dann müsse man nun nur noch sie für die frei werdenden Positionen vorschlagen. Dann wären die wichtigsten Posten zum Thema Energiepolitik mit Personen besetzt, die die Konzepte von Partei und Fraktion für einen sozialen wie ökologischen Gesellschaftsumbau immer wieder öffentlich kritisieren.

In einer Sitzung der Fraktionsvorsitzenden von Bund und Ländern nach der »Spiegel online«-Veröffentlichung vom vergangenen Donnerstagabend sollen die Chefs der Bundestagsfraktion, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch, den Kolleg*innen aus den Bundesländern nach nd-Informationen indes versichert haben, sie würden eine Besetzung des Fraktions- wie auch des Ausschusspostens mit Wagenknecht nicht unterstützen.

Zuletzt hatte eine Rede Wagenknechts im Bundestag für Empörung in der Linken gesorgt, weil sie darin die Bundesregierung beschuldigt hatte, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland »vom Zaun gebrochen« zu haben. Man warf ihr vor, Ursache und Wirkung zu verkehren, da Russland zuerst die Ukraine angegriffen habe. Eine Gruppe von Landespolitikerinnen forderte danach sogar den Ausschluss Wagenknechts aus der Fraktion und den Rücktritt der Fraktionsspitze, die den Auftritt der prominenten Politikerin in der Haushaltsdebatte ermöglicht habe.

Die Fraktionsspitze muss wegen des schlechten Bundestagswahlergebnisses jedoch alle Abgeordneten und Lager einbinden. Schon wenn zwei Abgeordnete die Partei verlassen, steht der Fraktionsstatus zur Disposition. Immerhin: Die Abgeordneten Gesine Lötzsch und Gregor Gysi müssen auch nach der Entscheidung der Ampel-Koalition, die Bundestagswahl in 300 der 2300 Berliner Wahllokale wiederholen zu lassen, nicht um ihre Direktmandate fürchten. Denn die Wahlberechtigten müssen nur die Zweitstimme für ihre bevorzugte Partei erneut abgeben.

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