552 Beschwerden über den Rundfunk

Medienanstalt Berlin-Brandenburg fehlt das Personal für regelmäßige Kontrollen

Wenn Zuschauern privater Fernsehsender ein Verstoß gegen die Regeln für Werbung auffällt oder wenn sie eine Verletzung der Bestimmungen zum Schutz der Jugend und der Menschenwürde sehen, können sie sich bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) beschweren. Vergleichbar gilt das für Hörer privater Radiosender.

Täglich gehen solche Beschwerden ein, sagte MABB-Direktorin Eva Flecken am Montag bei einer Anhörung im Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses. Sie sagte es nicht nur den Mitgliedern des Ausschusses für Engagement, Bundesangelegenheiten und Medien, sondern auch den Mitgliedern des Hauptausschusses im Brandenburger Landtag, die hier zu einer gemeinsamen Sitzung mit den Berliner Kollegen versammelt waren.

552 Beschwerden seien im vergangenen Jahr eingegangen, und wirklich jede sei bearbeitet worden, versicherte Flecken. Die Zahl habe sich im Vergleich zu früheren Jahren verdoppelt. 145 Sender sind bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg lizenziert. Mehr lizenzierte Sender seien es in Deutschland nur im Freistaat Bayern, erläuterte Flecken. Das erklärt ein Stück weit, in welcher Form die MABB ihre Aufsichtsfunktion wahrnimmt. Sie reagiert eigentlich nur auf Beschwerden. Von sich aus einzelne Sender regelmäßig unter die Lupe zu nehmen, dazu fehle das Personal, bedauerte Flecken.

Keine Lizenz, jedenfalls keine deutsche, hatte der russische Propagandasender RT Deutsch. Die Medienanstalt hat die Verbreitung dessen Fernsehprogramms im Februar untersagt. Sie war zuständig, weil die RT DE Productions GmbH ihren Sitz in Berlin hatte. Juristisch sei das eine einfache Frage gewesen, erklärte Flecken. Wer keine Lizenz habe, dürfe nicht senden.

Der Fall hatte aber auch eine »politische Dimension«. Da macht sich die MABB-Direktorin nichts vor. Denn das im Dezember eingeleitete Verfahren fiel dann mit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar zusammen. »Ich bin übrigens ausgesprochen froh, dass gegen unseren Bescheid auch geklagt wurde«, verriet Flecken. Denn so konnte das Verwaltungsgericht Berlin die Sichtweise der Medienanstalt bestätigen.

Ganz anders gelagerte, gleichwohl schwere Probleme hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Hier wurde bekanntlich die bisherige Intendantin Patricia Schlesinger abberufen. Eine Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303 000 Euro im Jahr und ein teurer Dienstwagen, dazu Einladungen zum Essen in ihre Privatwohnung, abgerechnet als Spesen. Das wurde Schlesinger vorgeworfen.

Seit vier Wochen ist Interimsintendantin Katrin Vernau im Amt. »Ich habe ein Haus vorgefunden mit einer aufgewühlten Belegschaft, die nichts für das kann, was geschehen ist«, sagte Vernau am Montag im Abgeordnetenhaus. Sie ist nach eigenem Bekunden angetreten, den RBB aus der Krise zu führen. Das interne Kontrollsystem solle verbessert werden, kündigte Vernau an. Daran werde mit Hochdruck gearbeitet. Anlass, Vernau anzuhören, war ein Entwurf des RBB-Staatsvertrags, der erarbeitet wurde, bevor der Sender wegen der Vorwürfe gegen Schlesinger ins Schlingern geriet.

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