Ein Baum für Jina Mahsa Amini

In Neukölln ist ein besonderer Gedenkort für die ermordete Iranerin entstanden

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.
nd/claudia krieg
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Berlin. Der Baum, der am Freitag auf dem Gelände des Heilkräutergartens »Hevrîn Xelef« in der Neuköllner Hermannstraße gepflanzt wurde, hat einen Namen. Die schwarze Maulbeere, in die Erde gesetzt am 25. November, dem Tag gegen Gewalt an Frauen, heißt Jina – nach der 22-jährigen Jina Mahsa Amini, die am 13. September von Beamten der iranischen Sittenpolizei auf einer Polizeiwache in Teheran so sehr misshandelt worden war, dass sie an ihren Verletzungen starb. Eine von zahllosen aufgrund männlicher, religiöser und gesellschaftlicher Gewalt ermordeten Frauen und Mädchen weltweit, an die am 25. November erinnert wird.

So auch in Berlin. Auf mittlerweile nicht mehr als Begräbnisort genutzten Flächen des Neuköllner Sankt-Jacobi-Friedhofs finden sich zahlreiche Gemeinschaftsgärten mit Hochbeeten, Umweltbildungsangeboten, Platz zum Ausruhen und zur Erholung. Im von der Hermannstraße aus gesehenen hinteren Teil liegt der Heilkräutergarten »Hevrîn Xelef«, benannt nach Hevrîn Xelef, die am 12. Oktober 2019 in der autonomen kurdischen Region Rojava im Norden Syriens ermordet wurde. Xelef war Bauingenieurin und kurdische Politikerin. Vier ihrer Brüder und ihre Schwester Zozan waren in der kurdischen Befreiungsbewegung engagiert und starben durch politische Gewalttaten.

Ins Leben gerufen haben den Garten Aktivistinnen des Netzwerks für geflüchtete Frauen und Kinder, Flamingo. Das Projekt entstand in einer Kooperation mit dem Frauendorf Jinwar in Rojava, wo im Gegenzug ein Gesundheitszentrum für geflüchtete Frauen und Kinder errichtet werden soll. Im Garten kommen am Freitag etwa 50 Menschen zusammen und wohnen mit dem Pflanzen des Maulbeerbaumes einer besonderen Form der Erinnerung an Jina Mahsa Amini bei. Gemeinsam gedenken, aber auch gemeinsam trauern und so Kraft finden, um gemeinsam gegen die vielen Formen patriarchaler Gewalt aufzustehen – das ist die Idee, die hinter beidem steht, Garten und Gedenkbaum.

Laut der Berliner Polizei wurden in diesem Jahr bislang knapp 14 000 Fälle (Stand 31. Oktober) häuslicher Gewalt in der Hauptstadt erfasst. Der überwiegende Teil der Opfer waren Frauen (71,9 Prozent). Zu einem Großteil handelte es sich um Partnerschaftsgewalt. Da nur ein Teil der Taten angezeigt oder polizeilich registriert wird, dürfte die Dunkelziffer weitaus höher liegen.

In Brandenburg läutete der 25. November die »16 Aktionstage gegen Gewalt an Frauen« ein, die diesen Tag mit dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, verbinden. Im gesamten Land finden Veranstaltungen und Aktionen statt, eine Übersicht findet sich auf der Webseite des Netzwerks der brandenburgischen Frauenhäuser. Dieses Jahr organisieren kommunale Verwaltungen, Frauenschutzeinrichtungen, Universitäten und zivilgesellschaftliche Organisationen mit über 30 Aktionen mehr Veranstaltungen als je zuvor: Von der Flaggenhissung über eine Fachtagung und Informationsabende, einen Selbstverteidigungskurs, das Adventsbasteln bis hin zum humorvollen Abend zu »Mythos und Tabu der Menstruation« – das Spektrum ist breit und soll zahlreiche Aufmerksamkeit finden. Tatjana Geschwendt vom Frauenpolitischen Ratschlag Brandenburg erklärte zum 25. November: »Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Meistens sieht man sie nicht. Es sind nicht immer die blauen Flecken im Gesicht. Gewalt drückt sich aus in Beleidigungen, Beschimpfungen, Demütigungen, in Kontrolle und Abhängigkeit. Gewalt erleben Frauen zuhause, auf der Arbeit, auf der Straße und an vielen Orten, wo die wenigsten es erwarten, wie zum Beispiel bei der Geburtshilfe. Hier nennen Betroffene zum Beispiel unnötige Trennungen und Interventionen, aber auch empathielose Behandlungen. Es ist wichtig, über Gewalt zu sprechen und sie sichtbar zu machen.«  clk

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