Reallohnverluste in der Pflege

Gehälter in tarifgebundenen Einrichtungen sind in einem Jahr um 2,36 Prozent gestiegen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Löhne in der Pflege konnten trotz gesetzlicher Maßnahmen und einer Anhebung des Branchenmindestlohnes nicht mit der Inflation mithalten. In tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen waren sie im September dieses Jahres um 2,36 Prozent höher als im Vorjahresmonat und lagen im Schnitt bei 20,37 Euro pro Stunde. Dabei variierten die Gehälter je nach Bundesland erheblich. Am meisten verdienten die Pflegekräfte noch in Nordrhein-Westfalen. Dort lag der Durchschnittslohn bei 21,05 Euro. Am wenigsten war es in Mecklenburg-Vorpommern mit 18,79 Euro. Hilfspersonal ohne Ausbildung erhielt dort sogar im Schnitt nur 16,11 Euro.

So bekommt Hilfspersonal im bundesweiten Durchschnitt einen Stundenlohn von 17,03 Euro, was einem Plus von 2,53 Prozent entspricht. Bei Assistenzkräften mit ein- bis dreijähriger Ausbildung beträgt der Durchschnittslohn 19,05 Euro (plus 1,98) und bei Fachpersonal mit mindestens dreijähriger Ausbildung 23,38 Euro (plus 2,86 Prozent). Die Lohnsteigerung hinkt damit deutlich der Teuerungsrate hinterher. Im September dieses Jahres lag die Inflationsrate laut Angaben des Statistischen Bundesamtes bei zehn Prozent. Damit mussten die Beschäftigten in den bundesweit insgesamt rund 34 000 Pflegeeinrichtungen innerhalb von zwölf Monaten rechnerisch einen Reallohnverlust im Durchschnitt von über sieben Prozent hinnehmen.

Dabei spiegelt sich in der Erhebung laut der AOK bereits die Anhebung des Branchenmindestlohnes Anfang September wider. Demzufolge muss Pflegekräften ohne Ausbildung derzeit mindestens 13,70 Euro gezahlt werden. Zuvor lag der Pflegemindestlohn bei 12 Euro. Bis 1. Dezember 2023 soll dieser auf 14,15 Euro steigen; das entspricht bei einer 40-Stunden-Woche einem Monatsgrundentgelt von rund 2461 Euro.

Außerdem sind die hiesigen Pflegeeinrichtungen seit 1. September 2022 dazu verpflichtet, ihre Angestellten nach einem in ihrem Bundesland geltenden Tarifvertrag, einer kirchlichen Arbeitsrechtsregelung oder auf Basis des in ihrem Bundesland üblichen Entlohnungsniveaus zu bezahlen. Dabei wird die neue Regel offenbar noch nicht von allen Einrichtungen umgesetzt, wie die Auswertung der AOK vermuten lässt. Sie basiert auf den Rückmeldungen der insgesamt 6124 an einen Tarif oder an eine kirchliche Arbeitsregelung gebundene Einrichtung. Diese mussten den Landesverbänden der Pflegekassen bis zum 30. September Daten zur Entlohnungen ihrer Beschäftigten zusenden. 2294 von ihnen gaben keine plausiblen Rückmeldungen ab, weitere 2456 schickten bisher sogar keine Meldung an die Pflegekassen ab, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind.

Dabei war der Anteil der Unternehmen im Pflegebereich, die an einen Tarif oder eine kirchliche Regelung gebunden sind, zuletzt noch recht gering. Er betrug laut einer weiteren Erhebung der AOK im April dieses Jahres 25 Prozent.

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