Hochhäuser sind öko

Bausenator Geisel hält »Urbane Mitte« nach Prüfung für vereinbar mit dem Klimaschutz

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlins Bausenator Andreas Geisel (SPD) hält am städtebaulichen Vertrag für das Hochhausprojekt »Urbane Mitte« in Kreuzberg fest. Ein in dieser Woche veröffentlichter Prüfbericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Vertrag, der dem Investor eine hohe bauliche Ausnutzung der Grundstücke am Gleisdreieckpark zusichert, den »klimapolitischen Aufgaben« Berlins gerecht werden würde. »Wenn wir nicht an solch einer Stelle in die Entwicklung gehen, wo sonst in Berlin?«, begründete Geisel diese Auffassung.

Die Prüfung hatte Rot-Grün-Rot auf Landesebene im Koalitionsvertrag verabredet. Grüne und Linke wie auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Initiativen und Anwohner lehnen das Bauvorhaben indes vehement ab. Konkret geht es dabei um insgesamt sieben Türme, die zwischen dem westlichen und östlichen Park am Gleisdreieck gebaut werden sollen und von denen die beiden höchsten bis zu 90 Metern in den Himmel ragen würden. Vor allem Büros sollen in diese einziehen. Solch ein Bauprojekt sei nicht zuletzt angesichts des immensen CO2-Ausstoßes nicht mehr zeitgemäß, heißt es immer wieder.

Das Problem ist allerdings, dass ein städtebaulicher Vertrag aus dem Jahr 2005 eine hohe bauliche Ausnutzung der Flächen zusichert. Die Vereinbarung ist Teil eines Deals, durch den auf ehemaligen Bahngrundstücken der Gleisdreieckpark erst entstehen konnte. Wenn nun die Baumasse reduziert werden würde, drohen hohe Entschädigungszahlungen. »Wir können doch nicht ernsthaft sagen: Danke für den schönen Gleisdreieckpark. Unseren Teil der vertraglichen Vereinbarung – im Gegenzug für die ehemals privaten Parkgrundstücke nun Baurecht auf ehemaligen Bahnflächen zu ermöglichen – erfüllen wir jetzt aber nicht mehr«, sagt Geisel.

Zudem befürwortet er das Bauvorhaben grundsätzlich wegen der guten ÖPNV-Anbindung, womit weiterer Autoverkehr vermieden werden könnte. »Unversiegelte Flächen sollten dafür nicht in Anspruch genommen werden. Ich habe das Gefühl, dass die Gegner dieses Projekts den Klimaschutz vorschieben, um die ›Urbane Mitte‹ zu verhindern. Das ist scheinheilig«, sagt Geisel. Hier käme man jedenfalls »ohne neue Versiegelung« aus. Tatsächlich handelt es sich bei dem zu bebauenden Areal um eine »brachliegende ehemalige Eisenbahnfläche«, wie der Bericht richtig schreibt, mithin eine noch nicht versiegelte Fläche. Wohnraum zu bauen, ist aus Lärmschutzgründen wegen der S-Bahn-Trasse, die zwischen einzelnen Neubautürmen entlangführen soll, nicht möglich. Und überhaupt würden Büroflächen dringend gebraucht, behauptet Geisel.

Zuletzt forderte Mitte Dezember die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg auf Antrag der Grünen das Bezirksamt auf, sich bei der Senatsbauverwaltung für eine »Prüfung mittels Gutachten von Expert*innen« einzusetzen. Der Bericht der Senatsverwaltung zeigt, dass in der ersten Jahreshälfte eine verwaltungsinterne Prüfung stattgefunden hat. Nachdem eine Aussprache mit dem zuständigen Bezirksstadtrat Florian Schmidt (Grüne), der das Projekt ebenfalls kritisch sieht, »kein Einvernehmen« erbracht habe, wurde die Prüfung abgeschlossen.

Die BVV-Mehrheit hatte sich im Fall einer negativ ausgefallenen Prüfung dann auch dafür ausgesprochen, »alle Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um eine Bebauung einzuschränken beziehungsweise in der jetzt geplanten Form zu verhindern«. Dabei geht es zunächst um das südliche Baufeld, auf dem die zwei niedrigsten Gebäude entstehen sollen und für das der Bebauungsplan 2023 in die BVV eingebracht werden dürfte. Ob sich dort dann eine Mehrheit findet, ist fraglich.

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