Aufmüpfig und miteinander

Zum Tod des Berliner Grafikdesigners Peter Porsch

  • Astrid Volpert
  • Lesedauer: 3 Min.
Peter Porsch
Peter Porsch

Ein von der Sache fröhlichen, friedlichen Miteinanders überzeugter und agierender Mensch, das war der Typograf und Grafikdesigner Peter Porsch. Mehr als ein halbes Jahrhundert hellte sein frecher, bunter und listiger Zeichenstift grauen Alltag auf. Aufmüpfig und zuversichtlich bezog er Stellung in »Streit und Kampf«, um mit Erich Mühsam zu sprechen. Sein bekanntestes Markenzeichen war ein agiles Getier – der rote, von schwarzen Konturen gerahmte Singe-Spatz, genannt Oki, abgeleitet vom Namen des Oktoberklubs, dessen Mitglied Porsch war. Dieser Vogel war wie sein Urheber ein unverbesserlicher Utopist. In solcher Mission flog, trommelte, tanzte er vielsprachig vor Ort und um die Welt. Er grüßte von Plakaten, Plattenalben, auf Stickern und Bühnen im kleinen Land DDR, aber auch in Helsinki, Paris, Jekaterinburg und Blagoevgrad, in Rom und Lissabon, in Chile und auf Kuba.

Peter Porsch schuf das lebendige visuelle Bild der Festivals des politischen Liedes, von Singe-Werkstätten, Rock- und Liedersommern … Andere Maskottchen wie das Krokodil mit Sombrero, der Berliner Bär mit Balalaika oder der Kellerkater vom Haus der Jungen Talente gesellten sich dazu. Mit frischer Farbe und Geist bemalte er Wände von Jugendklubs, Bauzäune. Von 1987 bis 2001 hing sein größtes Wandbild am Berliner Kino Babylon.

Geboren 1941, mitten im Krieg, war Porsch Kritiker und Friedensstifter. Sein Lehrer Wolfgang Geisler sah bei ihm Vorbilder und Bindungen in frühen sowjetischen und französischen Gestaltungen, auch bei Heartfield und Klaus Staeck. Nicht selten eckte Porsch wie diese Kollegen bei Auftraggebern an, zum Beispiel mit seinem Plakat zum Festival des politischen Liedes 1978. Es zeigte eine Montage von Köpfen der fortschrittlichen Welt und er hatte dabei die damals erwartete Rangordnung kräftig durcheinandergewirbelt: Marx, Brecht, Eisler und Engels in Zentralperspektive, hinten abgeschlagen Honecker, Thälmann und ganz am Rand das Emblem der FDJ. Kein Beifall »von oben«, aber das Plakat flüsterte in die Runde: Völker hört die Signale.

Porsch besaß einen weiteren Vorzug: Er teilte Können und Erfolg, baute ein Kollektiv beruflicher und ehrenamtlicher Mitstreiter auf. Sie nannten sich in Anlehnung an den Monat des jährlichen Berliner Liedfestivals und an die niederländische Gruppe Willem Breuker Kollektief – Februarkollektief. Mit ihrer Gestaltung begleiteten sie Auftritte von Weltstars wie Mikis Theodorakis, Miriam Makeba und Pete Seeger.

Seit den Siebzigerjahren sang Porsch auch auf der Bühne. Von ihm stammt die deutsche Fassung der Hymne der finnischen Singebewegung »Helle Wasser, dunkle Wälder«, in der es heißt: »In deinen Augen wächst mein Leben, dein Gesicht darf nicht vergehn.«

Peter Porsch starb am 5. Januar im Brandenburgischen, wo er mit seiner Familie nach der Wende lebte. Sein »Oki« fliegt weiter mit uns durch die Welt, wir treffen ihn im Konzert, in Klubs und auf Straßendemos für ein friedliches, besseres Leben.

Der berühmte Spatz des Festivals des politischen Liedes
Der berühmte Spatz des Festivals des politischen Liedes
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