Mehr als ein Jahr in Isolationshaft

Untersuchungshaft für spanischen Journalisten Pablo González um weitere drei Monate verlängert

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.
Der spanische Journalist Pablo González hat in den vergangenen Jahren aus dem Donbass und der Ukraine berichtet. Jetzt sitzt er als angeblicher russischer Spion in polnischer Isolationshaft.
Der spanische Journalist Pablo González hat in den vergangenen Jahren aus dem Donbass und der Ukraine berichtet. Jetzt sitzt er als angeblicher russischer Spion in polnischer Isolationshaft.

Seit fast 13 Monaten sitzt nun der Journalist Pablo González in Polen in Isolationshaft, dem eine angebliche Spionage für Russland vorgeworfen wird. Dafür drohen dem Basken bis zu zehn Jahre Haft. Vergangene Woche hat das Berufungsgericht in Lublin die Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere drei Monate bestätigt. Der Baske mit einem spanischen und russischen Pass wird mindestens bis zum 24. Mai in Haft bleiben. Das polnische Justizsystem, das vor dem Ukraine-Krieg im Rampenlicht der EU stand, die wegen Rechtsstaatsproblemen Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, lässt zu, Menschen unbestimmte Zeit in U-Haft zu halten. Darauf wies Bartosz Rogala, einer der polnischen Verteidiger des Basken hin. In dieser Zeit muss die Staatsanwaltschaft keine Anklage vorlegen und es wird geheim ermittelt. Verteidigern ist sogar verboten, etwas aus den ihnen vorgelegten Dokumenten zu veröffentlichen.

Erhellend ist aber, dass Polen erst jetzt um Rechtshilfe in Spanien nachsucht, um die Passfragen zu klären. Darauf basieren die Spionage-Anschuldigungen vor allem. Dabei ist bekannt, dass der Baske über eine spanische und eine russische Staatsangehörigkeit verfügt und deshalb über zwei Pässe auf verschiedene Namen. Sein Madrider Vertrauensanwalt hat gegenüber »nd« erklärt, dass sich Polen »im Kreis dreht«. Gonzalo Boye meint, es gehe darum, Zeit zu gewinnen. Die Passfrage sei schon kurz nach seiner Verhaftung geklärt und entsprechende Dokumente nach Polen übermittelt worden.

In Spanien wurde sein Name mit neun Jahren geändert, als seine Mutter mit ihm ins Baskenland zurückkehrte. Zuvor hieß er in Russland Pavel Rubtsov auf den Namen des Vaters. González wurde 1982 in Moskau geboren. Seine Mutter ist die Tochter eines »Kriegskindes«. Die wurden mit dem Vorrücken der Putschtruppen unter General Franco in verschiedene Länder in Sicherheit gebracht, seine Großmutter in die Sowjetunion. Mit deren Ende kehrten Nachfahren oft in die alte Heimat zurück, die spanischen Behörden machten aus Pavel Rubtsov dann Pablo González.

Doch Polen sucht offenbar nach Vorwänden, um den Journalisten weiter zu inhaftieren. Sogar der ehemalige Geheimdienstchef Piotr Niemczyk hatte seine Kollegen für den Vorgang verhöhnt. Dass sich ein »russischer Spion« für Menschenrechte einsetze und Flüchtlinge unterstütze, die vor Putin fliehen, kam ihm spanisch vor. »Kein russischer Spion, getarnt als Journalist, würde sich erlauben, zwei Pässe und Kreditkarten des Landes mit sich zu führen, für das er spioniert«, plaudert der Experte aus dem Nähkästchen. »Kein operatives Verfahren der Welt lässt dies zu.«.

Gonzalez hatte vor der Festnahme von der Grenze für diverse Medien über die Flüchtlingsströme berichtet. Er war zuvor schon vom ukrainischen Geheimdienst vernommen worden, da er ab 2014 auch im Osten der Ukraine auf beiden Seiten der Front recherchiert hatte. Boye meint, der Journalist wird nur dafür angeklagt, »dass er Nachrichten und Informationen verbreitet hat, die nicht in die politische Linie passen.«

Zuletzt hat sich die Lage des Journalisten etwas verbessert, auch wenn sein Vertrauensanwalt und Menschenrechtsorganisationen die harten Haftbedingungen kritisieren. Er werde zwar nicht als »besonders gefährlicher Gefangener« eingestuft, aber als solcher behandelt, kritisiert Boye. Gonzalez sitzt weiter in Isolationshaft, darf die Zelle 23 Stunden nicht verlassen. Allerdings hat Polen kürzlich Boye als Anwalt anerkannt, der mehr als ein Jahr keinerlei Kontakt zu seinem Mandanten hatte. Er reiste eilig zum Besuch nach Polen. »Pablo González geht es, den Umständen entsprechend, gut.« Er leide aber unter der Kälte und sei abgemagert, Krankheiten würden nur unzureichend behandelt. Boye vermutet, dass der Journalist weichgekocht werden soll, damit er etwas einräumt, was er nicht getan hat, nur um aus dieser fatalen Lage zu kommen. Neue Kraft habe er aber auch daraus geschöpft, dass er Ende vergangenen Jahres einen ersten Besuch von seiner Frau erhalten konnte.

Boye hofft, dass González nun sein »Recht auf Verteidigung wirksam wahrnehmen kann, um nachzuweisen, dass die Anschuldigungen offensichtlich unbegründet sind«. Die basierten auf einem »falschen Verständnis des Rechts auf Informationsfreiheit, des Berufsgeheimnisses und des Quellenschutzes für Journalisten«. Allerdings habe auch das polnische Anwaltsteam weiter nur beschränkten Zugang zu dem Journalisten. Die Verteidigungsmöglichkeiten seien »einschränkt, wenn nicht sogar effektiv aushebelt«. Den Besuch nutzte Boye, um González über die große Unterstützung in Kenntnis zu setzen, die er erhält. »Er war dankbar und sichtlich gerührt«, erklärt Boye.

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