Bremen-Wahl: Gute Chancen für Neuauflage von Rot-Grün-Rot

In Bremen stehen am 14. Mai die Wahlen zur Bürgerschaft an. Die Parteien laufen sich warm.

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 5 Min.

Andreas Bovenschulte profiliert sich gerade als echter Sozialdemokrat. Einen Monat vor der Parlamentswahl in Bremen hat der Bürgermeister des kleinsten Bundeslandes die Ampel-Koalition im Bund ermahnt, mehr Tempo bei der versprochenen Einführung der Kindergrundsicherung vorzulegen. Dafür müsse die SPD ihr Gewicht in die Waagschale werfen. »Da erwarte ich eine stärkere sozialdemokratische Handschrift in der Bundesregierung«, sagte der 57-Jährige am Wochenende. Zu verhindern, dass Kinder in Armut aufwachsen, sei ein sozialdemokratisches »Herzensanliegen«.

Vergangene Woche hatte die Bremer SPD die heiße Phase des Bürgerschaftswahlkampfs eingeläutet – und sich zur Wahlkampfauftaktveranstaltung die in ihren Bundesländern ebenfalls erfolgreichen SPD-Regierungschefs von Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg, Manuela Schwesig und Peter Tschentscher, eingeladen.

Zur Wahl am 14. Mai treten insgesamt 16 Parteien an. Von den Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft kommen 72 aus Bremen und 15 aus Bremerhaven Die AfD ist, anders als zur Wahl vor vier Jahren, dieses Mal nicht dabei. Der Landeswahlausschuss hatte die Rechtsnationalisten nicht zur Kandidatur zugelassen. Der Grund war hausgemacht: Die Landesvorstände sind zerstritten, hatten konkurrierende Wahllisten eingereicht.

Bei SPD, Grünen und Linkspartei hoffen viele, dass sie ihr Bündnis fortsetzen können. Und Bürgermeister Bovenschulte signalisiert recht deutlich, dass er sich dies vorstellen könnte. Im Interview mit »Zeit Online« lobte er kürzlich die Arbeit der Koalition und betonte unter anderem, diese habe sich »als handlungsfähig erwiesen«. So habe man jüngst »einen zweieinhalb Milliarden Euro schweren Modernisierungsbooster durch das Parlament gebracht«, mit dem man die Wirtschaft »fit für die Zukunft« mache, Jobs sichere und das Klima schütze.

Allerdings kann sich auch die CDU Hoffnung machen, wieder stärkste Partei zu werden. In den letzten Wochen konnte sie in den Umfragen hinzugewinnen. Sie liegt derzeit bei 27 Prozent der Stimmen und damit fast gleichauf mit der SPD, die auf 28 Prozent taxiert wird. Und so suchen die Christdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Imhoff die Konfrontation mit den Senatsparteien. Sie weisen darauf hin, dass die Wirtschaftsstärke des Stadtstaates auf dem Arbeitsmarkt nicht ankomme. Die Zahl der Arbeitslosen sei unter Rot-Grün-Rot konstant geblieben, während sie im Bundesdurchschnitt um 17,7 Prozent zurückgegangen sei.

Für sich wirbt die Union mit ihrer Wohnungsbaupolitik. Deren Ziel sei es, in allen Stadtteilen eine soziale Ausgewogenheit zu sichern und die Ansiedlung von Familien mit Kindern fördern. Es gelte zu verhindern, dass junge Familien weiter ins niedersächsische Umland abwandern.

Allgemein geben sich die Christdemokraten auffällig sozialdemokratisch. Zum Thema Schulbildung wiederum dämpfen sie allzu hohe Erwartungen. Die Schulen dürften nicht mit Erwartungen und Wünschen überfrachtet werden, erklären sie. Die Lehranstalten könnten nicht alle gesellschaftlichen und sozialen Defizite kompensieren.

Zentrales soziales Wahlkampfthema der CDU ist die Armutsbekämpfung. Die Christdemokraten beklagen, dass ein knappes Viertel der Menschen in den beiden Städten von Armut bedroht sei. Das Bundesland halte diesbezüglich einen traurigen Rekord. Besonders besorgniserregend sei, dass in Bremen und Bremerhaven mehr als 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Armut lebten.

Die SPD kündigt wiederum an, sie werde das Wohnen auch für kleine und mittlere Einkommen bezahlbar machen und sich um Wohnraum für Studierende und Azubis sowie um »altersgerechtes Wohnen im Quartier« kümmern. »Wir setzen bei Neubauten weiter auf eine Sozialquote von 30 Prozent« und »Wir wollen mehr Wohnungen in öffentlicher Hand«, wird plakatiert.

Die Sozialdemokraten erinnern zudem an das Verdienst der amtierenden Koalition, 5000 neue Kita- und Tagespflegeplätze geschaffen zu haben. Den Kita-Ausbau wolle man weiter mit Hochdruck vorantreiben, damit kein Kind zurückgelassen werde. Weiter verkündet die SPD stolz: »Wir bauen neue Schulen und stellen mehr Personal ein – noch nie waren in Bremen so viele Lehrkräfte beschäftigt wie aktuell.« Man werde die Schulen weiter modernisieren und setze auf mehr Ausbildung von Fachkräften.

Für den Klimaschutz will die SPD die energetische Gebäudesanierung vorantreiben und den Einsatz von klimaneutraler Haustechnik erleichtern. Weiter will sie sich für faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen sowie hochwertige Aus- und Weiterbildung für alle einsetzen. Deshalb unterstütze man Mitbestimmung und die Tarifbindung von Unternehmen. »Öffentliche Aufträge vergeben wir nur an Unternehmen, in denen keine prekären Arbeitsverhältnisse herrschen«, heißt es im »Zukunftsprogramm« der SPD.

Die Grünen dürften unter anderem bei Wählern punkten, denen sie Bremen als »Modellregion« für die jüngst seitens der Bundesregierung verkündete teilweise Cannabis-Freigabe empfehlen. »Bremen ist ein hervorragender Standort für ein groß angelegtes wissenschaftliches Modellprojekt im urbanen Raum«, erklärt die Partei dazu.

Die jüngsten Umfragen sehen die SPD mit 28 bis 30 Prozent klar vorn. Bei der letzten Bürgerschaftswahl war sie auf gerade mal 24,9 Prozent der Stimmen gekommen und hatte damit um 1,8 Prozentpunkte hinter der CDU gelegen. Die Christdemokraten waren mit einem Zugewinn von 4,3 Prozentpunkten stärkste Partei geworden.

Weil sich die SPD für ein Dreierbündnis mit den Grünen und Die Linke entschied, konnte sie trotzdem erneut einen Senat bilden. Auch die Grünen kommen in Umfragen derzeit auf mehr Zustimmung als bei der Wahl 2019. Damals kamen sie auf 17,4 Prozent der Stimmen, aktuell liegen sie bei 19 Prozent. Nur die Dritte im Bunde hat an Zustimmung eingebüßt: Die Linke kommt derzeit auf 8 Prozent gegenüber 11,3 Prozent 2019. Die FDP hingegen könnte ganz aus der Bürgerschaft fliegen. Vor vier Jahren war sie noch auf 5,9 Prozent der Wählerstimmen gekommen, aktuell liegt sie bei gerade mal 4 Prozent.

Bürgermeister und Senatschef Andreas Bovenschulte genießt laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung derzeit das mit Abstand größte Ansehen unter den führenden politischen Akteuren Bremens. Darüber hinaus ist demnach mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Land Bremen mit dem rot-grün-roten
Senat zufrieden.

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