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Redakteur von Radio Dreyeckland angeklagt
Staatsanwalt wittert journalistische »Einseitigkeit«
Nach den Hausdurchsuchungen gegen das Freiburger Radio Dreyeckland von Mitte Januar erhebt die Staatsanwaltschaft Karlsruhe nun tatsächlich Anklage. Davon betroffen ist mit Fabian Kienert ein langjähriger Redakteur des Senders, schreibt das Rundfunkkollektiv am Dienstag in einer Pressemitteilung. Zuständig für die Anklage ist nach Informationen des »nd« der Staatsanwalt Manuel Graulich.
Anlass für Durchsuchung war ein Ermittlungsverfahren wegen des »Verdachts eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot«. Kienert hatte auf der Webseite des Radios einen Artikel veröffentlicht, der mit einem Link auf das Archiv »Linksunten Indymedia« verweist. Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die linke Internetplattform 2017 nach dem Vereinsgesetz verboten, da sich ihr Zweck und ihre Tätigkeiten »gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten«. In dem inkriminierten Artikel berichtete Radio Dreyeckland über die Einstellung des damals gleichzeitig eröffneten Verfahrens gegen »Linksunten« wegen der vermeintlichen »Bildung einer kriminellen Vereinigung«.
Die Ermittlungen gegen das dienstälteste freie Radio in Deutschland hatte die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft geführt. Diese wolle mit dem Mittel des Strafrechts bestimmen, wie über dieses Verfahren zu berichten sei, kritisiert Kienert die Anklage. »Das ist ein skandalöser Eingriff in die Pressefreiheit.« In der Anklageschrift vertrete die Staatsanwaltschaft die Auffassung, dass es für die Beurteilung einer möglichen Strafbarkeit auf den redaktionellen und journalistischen Zusammenhang der Veröffentlichung ankomme.
Im Falle des Senders erkenne die Staatsanwaltschaft »Einseitigkeit«, heißt es in der Pressemitteilung. »Wie viel Sendezeit müssen wir denn dem Pressesprecher der Staatsanwaltschaft zukünftig einräumen, damit ein Beitrag durch die Zensur kommt?«, fragt Kienert rhetorisch.
Neben der Razzia in den Redaktionsräumen und bei Kienert wurde auch die Wohnung des Verantwortlichen im Sinne des Presserechts für die Webseite von Radio Dreyeckland durchsucht. Das gegen diesen eingeleitete Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Aus der Anklageschrift gehe hervor, dass die damaligen Durchsuchungen keinerlei neue Erkenntnisse zu dem Sachverhalt erbracht hätten, kritisiert das Radio. »Das unterstreicht die völlige Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme.« Die Betroffenen haben beim Landgericht Karlsruhe Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse eingereicht, eine Entscheidung liegt aber noch nicht vor. »Wir hoffen sehr, dass das Landgericht den Grundrechtsschutz gegenüber der Karlsruher Staatsanwaltschaft verteidigt, die Durchsuchungen für unrechtmäßig erklärt und die Eröffnung des Verfahrens gegen den Verfasser der Meldung ablehnt«, erklären die Radiomacher. Der fortgesetzte Versuch in die unabhängige Berichterstattung einzugreifen könne politisch nur eine Konsequenz haben, so Geschäftsführer Kurt-Michael Menzel: »Nämlich die Auflösung der Staatsschutzabteilung der Karlsruher Staatsanwaltschaft.«
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