Gebrochene Versprechen

Martin Ling über die US-Migrationspolitik unter Präsident Joe Biden

Es war ein großes Versprechen von Joe Biden: Er werde mit der »unmenschlichen« Einwanderungspolitik seines Vorgängers Donald Trump brechen. Zu sehen ist davon im Kern nichts. Seit Donnerstagabend 22 Uhr Ortszeit in der Grenzstadt El Paso ist der sogenannte Title 42 Geschichte, dafür der Title 8 wieder in Kraft. Die von Trump vor drei Jahren eingeführte Regel 42, Migranten wegen der Corona-Pandemie direkt wieder nach Mexiko zurückzuschicken, ohne ihnen ein Asylverfahren zuzugestehen, ist zwar aufgehoben, das Recht auf ein faires Asylverfahren wird jedoch auch von Biden weiter unterlaufen. Das lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass die Republikaner die Migrationspolitik als Bidens Schwäche attackieren und mit Falschinformationen angreifen – wie der texanische Gouverneur Greg Abbott auf Twitter wenige Stunden vor Ende von Title 42: »Anstatt unsere Nation zu schützen, öffnet Joe Biden die Schleusentore an unserer Südgrenze.«

Joe Biden öffnet nicht ansatzweise die Tore für eine humane Migrationspolitik. Er kehrt zu einer Politik zurück, die es Barack Obama ermöglichte, in acht Jahren drei Millionen Menschen abzuschieben – Rekord. Und er verschärft den Title 8 sogar: Wer es nicht schafft, vor Antritt seiner Reise über eine mobile App namens CBP One einen Asylantrag zu stellen, wird aus den USA sofort wieder abgeschoben – ohne Prüfung des Rechts auf Asyl.

Biden hatte versprochen, ein sicheres, faires und humanes Einwanderungssystem aufzubauen. Er hat dieses Versprechen gebrochen. Dabei ist die Rückkehr für viele der Migrant*innen keine Option, denn die pure Verzweiflung hat sie zur Flucht bewegt: Armut, Gewalt, Arbeitslosigkeit, kein Zugang zu Bildung und Gesundheit. Eine US-Politik, die an diesen Fluchtursachen zumindest ansetzt, ist nicht zu erkennen. Versprochen hatte Biden auch dies.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal