Ein Parteitagsbeschluss heißt noch gar nichts

Die Berliner SPD spricht sich doch für Wohnungsbau auf dem Zentralen Festplatz aus – ein Kommentar

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie schön könnte die Welt sein, wenn alles, was SPD, Grüne und Linke auf Parteitagen so beschließen, auch wirklich gelten würde. Uns blieben beispielsweise einige Äußerungen Sahra Wagenknechts zu Flüchtlingen und dem russischen Angriffskrieg erspart, wenn sich die unsägliche Nationalistin an Beschlüsse ihrer Noch-Partei hielte.

Ein Spannungsverhältnis erzeugen Parteitagsbeschlüsse allerdings seit jeher vor allem zwischen Regierungspersonal und Basis einer Partei. Die Delegierten der SPD sprachen sich bereits für die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen und gegen den Weiterbau der A100 aus – die SPD-Senatoren interessiert das wenig. Auf dem vergangenen Parteitag bezogen die Sozialdemokraten dann gegen Signas Hochhausträume am Hermannplatz und in der City West Stellung. Als der SPD-Bausenator Christian Gaebler am Montag sein Programm für die kommenden Jahre vorstellte, war dann allerdings keine Rede davon, dass man Signa Steine in den Weg legen wolle.

Auch beim Streit um den Zentralen Festplatz wird sich zeigen, was Parteitagsbeschlüsse wert sind. Ex-Regierende Franziska Giffey wandte sich zwei Tage vor der Wiederholungswahl gegen Bebauungspläne. Das, was man Grünen und Linken immer wieder vorwirft, machte man selbst: Wohnungsbau verhindern. Doch der Parteitag forderte die SPD-Senatsmitglieder jetzt auf, »sich in der Koalition für eine Bebauung des Festplatzes mit einem neuen Stadtquartier einzusetzen«. 2000 Wohnungen könnten hier irgendwann einmal entstehen.

Der Koalitionsvertrag sagt: Gebaut wird erst, wenn ein Ausweichstandort für die Schausteller gefunden ist. Ein solcher ist bisher nicht in Sicht. Bis 2028 läuft noch der Vertrag mit ihnen. Natürlich haben es die Schausteller auch nicht leicht. Aber gerade weil es sich beim Zentralen Festplatz um eine bereits versiegelte Fläche handelt, wäre sie prädestiniert für den Wohnungsbau. Wie bei der Vergesellschaftung und der A100 sollte den SPD-Senatoren der Parteitagsbeschluss etwas wert sein. Schön wär’s.

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