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Sven Herzberger: Der Möglichmacher

Sven Herzberger will mit Hilfe von CDU bis Die Linke Landrat werden

Sven Herzberger am Mittwoch an der alten Wassermühle von Königs Wusterhausen vor einem Bild von sich selbst
Sven Herzberger am Mittwoch an der alten Wassermühle von Königs Wusterhausen vor einem Bild von sich selbst

»Der Ausgleichende« und »Der Möglichmacher« steht auf den Wahlplakaten von Sven Herzberger. Bisher ist er parteiloser Bürgermeister von Zeuthen. Am 8. Oktober will er Landrat von Dahme-Spreewald werden. Ausgleichen und Möglichmachen müssen seine Stärken sein. Das stellt er allein schon dadurch unter Beweis, wer seine Kandidatur unterstützt. Das reicht von der Linken über die Freien Wähler und die Unabhängigen Bürgerlisten bis hin zu CDU und FDP. Sie alle haben sich schon zu ihm bekannt. Hinzu könnten noch die Grünen kommen, die darüber im September entscheiden wollen.

Die Wahl findet am 8. Oktober statt. Landrat Stephan Loge (SPD) verabschiedet sich in den Ruhestand. Seine Partei regiert den Landkreis seit einer gefühlten Ewigkeit und so soll es nach dem Willen der Sozialdemokraten auch bleiben. Loges Stellvertreterin Susanne Rieckhof (SPD) soll den Landratsposten gewissermaßen erben.

Doch Konkurrent Herzberger sagt am Mittwochnachmittag: »Seit mehr als 30 Jahren wird der Landrat von einer Partei gestellt. Ich trete an, damit sich das ändert.« Auf dem Hof der Alten Wassermühle von Schloss Königs Wusterhausen stellt der 54-Jährige seine Kampagne vor. »Ich werde nicht alles anders machen, aber vieles besser«, verspricht er und nennt einige inhaltliche Punkte: Dass die Milch aus dem Süden des Landkreises nach Niedersachsen oder Bayern geliefert werde anstatt in die Schulen und Kitas von Dahme-Spreewald, das sollte nicht sein. Und die Diskussion über ein Ausbildungszentrum für Handel und Handwerk in Dahme-Spreewald solle zu Ende geführt und seine Einrichtung gegebenenfalls unterstützt werden.

CDU und FDP haben Unvereinbarkeitsbeschlüsse, die Koalitionen mit der Linken verbieten. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Alle Beteiligten haben für sich beschlossen, dass sie den parteilosen Herzberger unterstützen wollen. Die CDU hätte auch einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken können, erinnert der CDU-Kreisvorsitzende Björn Lakenmacher an der Wassermühle. »Es hätte Optionen gegeben.« Aber als die CDU davon gehört habe, dass Herzberger als Landrat kandidieren wolle, habe sie überlegt und einstimmig bei einem Kreisparteitag entschieden, sich hinter ihn zu stellen. Es gehe darum, gegen eine »verfilzte, lähmende, nicht mehr hinnehmbare Politik« zu kämpfen und dafür, dass es in Dahme-Spreewald »kein zweites Sonneberg« gebe, sagt Lakenmacher.

Im thüringischen Sonneberg gewann am Sonntag das erste Mal in Deutschland ein AfD-Bewerber eine Landratswahl. Das sei aber nicht der Grund für das schon länger geschmiedete, ganz breite Bündnis, versichern in Königs Wusterhausen gleich mehrere Akteure. Bei der Landratswahl 2015 hatte die AfD den völlig unbekannten Jens Birger Lange nominiert, der dann damals erstaunliche 22,9 Prozent der Stimmen erhielt. Diesmal probiert es die AfD mit ihrem Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré.

Herzberger verkörpere in großen Teilen CDU-Positionen, schätzt der Christdemokrat und Landtagsabgeordnete Lakenmacher ein. Seine Stellvertreterin im Kreisverband, die Bundestagsabgeordnete Jana Schimke, betont: »Wir schätzen ihn nicht nur politisch, sondern auch menschlich.« Herzbergers Tür stehe immer offen. Er strecke seine Hand aus.

Für den FDP-Kreisvorsitzenden Dirk Thomas Wagner ist Herzberger schlicht »der Beste für den Job«. Die ungewöhnliche Konstellation bedeute für die Wähler nicht weniger Auswahl, sondern die überparteiliche Unterstützung für Herzberger ermögliche es erst, dass da einer auf dem Stimmzettel stehe, der eine echte Chance habe, so Wagner.

Der Linke-Kreisvorsitzende Michael Wippold hofft sogar, dass Herzberger gar nicht erst in die Stichwahl muss, sondern gleich beim ersten Wahlgang mit mehr als 50 Prozent der Stimmen durchkommt. Dafür, dass der Landkreis »lebenswerter, sozialer, wirtschaftlich stärker« werde, sei Herzberger »der richtige Mann«. Die Zusammenarbeit im Bündnis bereitet Wippold »ungeheure Freude«. Man ziehe an einem Strang, betont er. Das Bündnis bringe etwas für die Demokratie und könne positiv nachwirken.

Für die Unabhängigen Bürgerlisten erklärt deren Kreistagstagsabgeordneter Lutz Krause: »Wir sind Unabhängige. Wir wollen einen unabhängigen Kandidaten.« Auch Krause glaubt, dass Herzberger es gleich im ersten Wahlgang am 8. Oktober packen könnte.

Auch wenn es kein ausgesprochenes Bündnis gegen die AfD ist, wird Herzberger deutlich: »Niemand soll wegen seines Geschlechts, seiner Religion, seiner Art zu lieben benachteiligt werden.« Diese Aussage ist besonders glaubwürdig, weil der 54-Jährige mit einem Mann verheiratet ist.

Windböen werfen ein neben der kleinen Bühne aufgestelltes Wahlplakat von Herzberger mehrfach um. FDP-Chef Wagner blickt dann zum Original hinüber und bemerkt schmunzelnd: »Lieber Sven, bitte nicht umfallen!«

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